Radwanderung

Eine Radreise zum Geburtstag

Ich habe mir zu meinem 62. Geburtstag eine größere Radtour geschenkt. Und, weil es zeitlich anders kaum gegangen wäre, habe ich die Radtour ein paar Tage vorverlegt.

Samstag 3. Juni 2023

Von Baden nach Villach, gut 300 km, knapp 12 Stunden Fahrzeit.

In der Früh um 6 bin ich aufgestanden und habe Frühstück geholt. Ich war schon etwas aufgeregt. Um 7, pünktlich, bin ich am Fahrrad gesessen. Die Sonne hat geschienen, wenn auch nicht dauernd, so doch. Natürlich habe ich mich gut eingecremt, SPF 50+, denn viel Sonne hat meine Haut ja heuer noch nicht gesehen, das Wetter im April und Mai war ja eher schlecht gewesen. Und los ist es gegangen! Über Vöslau, Bad Fischau, Neunkirchen, Gloggnitz, hinauf auf den Semmering und dann, bei leichtem Rückenwind, ganz entspannt, aber flott, ins Mürztal hinunter. Viel Sonne habe ich nicht mehr gesehen, es hat immer mehr zugezogen, der Rückenwind ist immer schwächer geworden. Knapp hinter Kapfenberg, in Diemlach, bin ich zum ersten Mal stehen geblieben. Ich bin in einen Supermarkt, habe so schnell es geht vier Bananen gerafft und mich wieder aufs Fahrrad gesetzt. Die Pause hat keine zehn Minuten gedauert.

Dann bin ich weiter, durchs Murtal, nun leider aufwärts. Außerdem hat der Wind ab Mittag gedreht, es ist also nicht nur aufwärts, sondern mit Gegenwind aufwärts gegangen. Trotzdem bin ich gut gefahren. Mein Garmin war so eingestellt, dass ich die Geschwindigkeit nicht gesehen habe, nur die Leistung, und die war Ok. Ich bin an der Kaserne von Zeltweg vorbei gekommen, wo mein Neffe – ein Flieger beim Heer – zuweilen Dienst schiebt, dann durch Neumarkt in der Steiermark hinauf zum Friesacher Sattel. Oben, bei einer Takkstelle, habe ich Pause gemacht. Wieder einmal habe ich nicht genügend getrunken gehabt (das passiert mir immer wieder), die Pause war also dringend nötig geworden. Ich habe mir zwei Käsebrote und 1 1/2 Liter Wasser gekauft. Weil ich einen der wenigen sonnigen Momente erwischt habe, habe ich mich hingesetzt und die Brote in Ruhe gegessen und dazu das Wasser getrunken. Alle 1 1/2 Liter auf einmal. Also musste ich noch einmal zurück zum Wasser kaufen.

Es war Zeit, Pläne für die Nacht zu machen. Ich habe zwar immerhin schon deutlich über 210 km gehabt, war auch noch recht gut drauf, nur die Zeit ist mir knapp geworden. Ursprünglich wollte ich ja bis Tarvis kommen, aber in Tarvis würde frühestens um 10 ankommen, wenn alle Gasthäuser schon geschlossen waren, zudem kann man nicht bei allen Hotels nach 9 Uhr einchecken, also habe ich beschlossen, Villach anzupeilen. Aber noch habe ich die Hoffnung gehabt, weiter zu kommen, daher habe ich nicht sofort gebucht.

Über diese Brücke verlässt man die Steiermark richtung Kärnten

Vom Friescher Sattel geht es recht flott hinunter, man kommt nach Kärnten. Es geht weiter an Friesach und der Hirter Brauerei vorbei. Ich bin ja ein Fan von deren Bieren, also hab ich die Brauerei auch fotografiert. Wieder bei Sonne und beinahe blauem Himmel!

Kein Hirterbier für mich, don’t drink and drive!

Bei St. Veit a.d. Glan bin ich rechts richtung Feldkirchen abgebogen. Knapp bevor ich an den Osiacher See gekommen wäre, habe ich mir das Günstigste Quartier in Villach ausgesucht. Es war ein paar Minuten vor Villach, in Annenheim, am Panoramaweg. Das Wort Panoramaweg hat mich nachdenklich gestimmt, aber Googlemaps hat mir gezeigt, dass es unten am Ufer war. Ich habe Google geglaubt, aber Google hat schlicht und ergreifend die Adresse nicht gefunden. Also musste ich am Ende noch einmal einen Kilometer, bei 10-19% Steigung, aufwärts fahren.

Das Hotel, das Gästehaus Jäger, war dann recht freundlich und fest in ungarischer Hand. Sowohl das Personal, als auch beinahe alle Gäste, eine Reisegruppe, waren Ungarn.

Leider gibt es beim Jäger nur bis 20:30 warme Küche, und ich bin um 20:10 angekommen. Ich habe also meinen Schlüssel geholt und bin sofort ins Restaurant gegangen, habe Gnoki mit Spinat und Käse bestellt, und bin erst dann ins Zimmer zum Duschen. Die Dusche war, ohne übertreiben zu wollen, absolut notwendig geworden: fast 310 km, und der Tag war warm gewesen.

Am Ende waren es 307 km, die ich brutto in 12:50 gefahren bin (davon waren 1:03 Pause) was einen Schnitt von etwas über 26 km/h bedeutet. Es waren insgesamt 2.530 Höhenmeter, die Normalized Power war 153 W. Ich bin vorher noch nie über 300 km gefahren, ich war also richtig stolz auf mich!

Sonntag, 4. Juni 2023

Im Hotel gab es erst ab 8 Uhr Frühstück, daher bin ich nüchtern aufgebrochen und habe mir dann in Villach etwas gesucht. Ich habe zwei französischen Radfahrern geholfen, denen ich auf die Fahrräder aufgepasst habe, während sie sich ihr Frühstück gekauft haben.

Von Villach nach Bassano di Grappa, gut 250 km, ungefähr 9:30 Stunden Fahrzeit

Am Weg nach Tarvis hat es zu regnen begonnen, in Arnoldstein war der Regen schon ganz beachtlich.

Regen in Arnoldstein

Bei Tarvis bin ich dann – verbotener Weise – durch den Tunnel gefahren. Auf der anderen Seite war der Regen schwächer. Ich bin dort auf einen Fahrradweg gekommen, und der war toll. Es handelt sich dabei um eine aufgelassene Eisenbahnlinie. Entsprechend gleichmäßig war das Gefälle der Route angelegt. Der Asphalt war ausnahmslos in perfektem Zustand.

Ein Blick auf den Rio del Lago, bei Tarvis.

Eigentlich war ja das Kanaltal der Grund für diese Routenwahl. Der Tagliamento ist Europas letzter Fluss, der völlig frei fließen darf. Er hat ein Schotterbett, das bis zu 1,5 km breit und von steilen Felswänden eingefasst ist. Der Fluss fließt im Bett, wie er will, er ändert ständig seinen Verlauf. Im Sommer sieht man ihn teilweise auch überhaupt nicht, dann fließt er unterirdisch durch den Schotter. Auf Grund der Reenfälle der letzten Wochen war aber jede Menge Wasser im Fluss. Leider führt eine Autobahn durch das Tal, die Trasse führt immer wieder auf Stelzenbrücken über den Fluss.

Natürlich gibt es in diesem Flusslauf jede Menge an Inseln, manche sind die auch mit Gras und Sträuchern bewachsen, teilweise stehen sogar Bäume darauf.

Der Radweg führt zumeist deutlich oberhalb des Tals, oft durch Tunnels. Ich habe den Scheinwerfer einschalten müssen, denn einige der kürzeren Tunnels sind nicht beleuchtet, und ich bin recht schnell gefahren. Bei den Tunnelwänden anstreifen wollte ich wirklich nicht! Generell ist der Radweg in einem sensationell gutem Zustand, in Österreich habe ich noch nie Ähnliches gesehen. Der Asphalt ist makellos und sauber. Man kann ihn problemlos mit einem Rennrad befahren (als Österreicher ist man das ja eher nicht gewohnt!). Lediglich das Ende kommt etwas übrrraschend.

Das etwas überraschende Ende des Radweges. Ich denke, er wird relativ bald fortgesetzt und auch durch diesen Tunnel führen! Die Hinweisschilder sind deutlich, ich habe sie aber nicht mitfotografiert.

Irgendwie war ich die ganze Zeit über wenig leistungsfreudig. Ich habe immer den Eindruck gehabt, keinen Druck auf die Pedale zu bekommen.

Bei Spilimbergo habe ich eine halbe Pizza gegessen. Dort habe ich auch das Tagliamentotal verlassen und bin, immer dem Rand der Poebene entlang, in Richtung Bassano di Grappa gefahren.

Die Route hat mich über zwei weitere, weitgehend naturbelassene, Schottertäler geführt, nämlich über das der Meduna und des Torrente Cellina.

Ein wunderschöner kleiner See, „irgendwo“ am Weg.

Weiter ist es über Nervesa della Battaglia nach Bassano di Grappa gegangen. Diesmal bin ich etwas über das Ziel hinausgefahren, das Gästehaus hat Wind’s House geheißen, und war gut erreichbar.

Am Ende waren es 253 km, die ich brutto in 11:48 gefahren bin (davon waren 1:30 Pause) was einen Schnitt von beinahe 27 km/h bedeutet, ich war also schneller als gestern, wahrscheinlich, weil es sehr lange abwärts gegangen ist. Es waren insgesamt 1.200 Höhenmeter, die Normalized Power war lediglich 136 W, ich habe schon vermutet, dass das dürftig wird.

Montag, 5. Juni 2023

In der Nacht hat es Gewitter gegeben und dazu geschüttet wie aus Kannen. In der Früh um 6 war dann natürlich alles nass, aber es hat nur noch relativ leicht geregnet. Ich habe gehofft, dass der Regen aufhören wird. Erst einmal habe ich gefrühstückt. Das Frühstück im Wind’s House war üppig. Es hat jede Menge an Joghurt und Kipfel gegeben, dazu habe ich einen Liter Kakao getrunken. Und dann bin ich losgeradelt.

Lisi und ich sind zu Weihnachten 2011 von Bozen über Trient und das Val Sugana gewandert, nun sollte es über eine ähnliche Strecke zurück gehen (der einzige Unterschied war, dass wir damals über den Kalterer See gewandert sind, das habe ich diesmal nicht vorgehabt). Ich habe gewusst, dass es im Val Sugana und im Etschtal gute Radwege gibt.

Leider hat sich in der Früh herausgestellt, dass mein Telefon nicht geladen war, und beim Aufbrechen hab ich bemerkt, dass auch mein Garmin Edge 1030 keinen Strom mehr gehabt hat: Mein Ladegerät hat in der Nacht den Geist aufgegeben, ich weiß nicht, weshalb. Ich habe also den Garmin an eine Powerbank geschlossen. Auf das Life-Tracking für meine Familie hab ich natürlich verzichten müssen!

Nach dem Frühstück hat es immer noch geregnet. Der Radweg durch das Val Sugana hinauf beginnt nach ein paar Kilometern, davor fährt man einer schwach befahrenen Nebenstraße entlang. Der Zustand des Radweges ist wieder hervorragend, lediglich die Markierung ist ein wenig verbesserungsfähig. Und weil ich den Garmin am Akku angesteckt gehabt habe, war der in der Tasche, ich habe ihn also nicht sehen können und mich ein paarmal verfahren, am Schlimmsten ganz zum Schluss bei Fersen. Nur bei Pianello Vallon fehlt ein Stück, da gab es einen Bergrutsch, und der Hang hat sich noch nicht stabilisiert, man kann den Radweg derzeit nicht wieder in betrieb nehmen. Ich bin da zum ersten Mal auf die Schnellstraße geraten.

Infopoint am Radweg (im Regen)

Heute habe ich wieder gut Druck aufs Pedal gebracht. Im Prinzip war ich guter Stimmung, aber halt durch und durch nass. Es hat die ganze Zeit über, mal mehr, mal weniger, geregnet.

Ursprünglich habe ich bis Innsbruck fahren wollen, aber ich habe immer stärkere Schmerzen im Genick bekommen, wahrscheinlich, weil es wenig warm, und ich dauernd nass war. Es war nichts, das mich in einem Rennen gehindert hätte, aber es hat meine Freude doch etwas gedämpft. Ich habe also mein Ziel vorerst auf Brixen reduziert. Von Brixen an wollte ich mit dem Zug fahren.

Ich habe es schon erwähnt, bei Fersen habe ich den Radweg verloren und ich bin im Fehl nach Roncogno hinauf geraten. Knapp 2 km Umweg, teilweise recht steil hinauf. Macht nichts. Ich habe mir einen Weg zurück gesucht, aber leider den Radweg nicht mehr gefunden. Ich bin auf der Bundesstraße gelandet. Die geht dann recht steil nach Trient hinunter. Entsprechend schnell war ich, mit deutlich über 40 km/h bin ich dieser Straße entlang gefahren, und plözlich war ich auf der Schnellstraße/Autobahn, genauergesagt, in einem der Tunnells, die nach Trient hinunter führen. „Irgendwie runter von der Autoahn“ war also keine Option. Ich habe mich in den Windschatten des ersten LKWs gehängt, der mich überholt hat, und getreten, was gegangen ist. Diesem ersten Tunnell ist sofort ein Zweiter gefolgt. Erst dannach hat es eine Ausfahrt gegeben, die ich natürlich genommen habe. Angenehm war es nicht, manche Autos sind doch recht deutlich über 130 gefahren!

Dann war ich in Trient. Ich habe dort Pause gemacht und einen Kebeb gegessen, danach habe ich eine kräftigere Powerbank gekauft, um meine Stromprobleme zu lösen. Von da an hat es Lifetracking für die Family gegeben.

Die Rückenschmerzen sind nicht weniger geworden, getrocknet bin ich auch nicht, mein Fahrrad hat ausgesehen wie die Sau, ich übrigens auch.

Straßendreck (ich bin ausschließlich auf gutem Asphalt gefahren, keine Schotterstraßen!)

Die Fahrt durchs Etschtal hinauf richtung Bozen war mir sehr vertraut. Ich war da ja schon oft. Auch hier wieder hat es einen ausgezeichneten Radweg gegeben! Nun, mit einigermaßen aufgeladenem Radcomputer, hab ich mich auch nicht mehr verfahren. Auf dem Radweg sind mir, trotz des Regens, immer wieder größere Gruppen von Radfahrern, zumeist auf E-Bikes, entgegen gekommen. Im Gegensatz zu mir waren die alle in Regenmäntel gehüllt, ich habe nur mein kurzes Raddress vom Bobby’s Verein getragen, aber mir war nicht kalt, es hat zumeist so um die 20 °C gehabt.

Bei Salurn beginnt Südtirol, also der vorwiegend deutschsprachige Teil, die Provinz Alto Adige.

Es hat kein Anzeichen gegeben, dass der Regen aufhören könnte. Und schon gar kein Anzeichen, dass ein bisschen Sonne auf mein schmerzendes Genick scheinen könnte. In Bozen habe ich dann die Schnauze gestrichen voll gehabt. Und bin kurz entschlossen in den Zug gestiegen.

Am Ende waren es 162 km, die ich brutto in 8:25 gefahren bin (davon waren 1:30 Pause) was einen Schnitt von etwas über 24 km/h bedeutet. Es waren insgesamt 833 Höhenmeter, die durchschnittliche Leistung war 144 W.

Zusammenfassung

Ich habe Spaß gehabt, trotz all des Regens. Es sind insgesamt 723 km gefahren. Ich bin dafür mehr als 28 Stunden im Sattel gesessen (also knapp 26 km/h in Bewegung) und habe etwas über 4.500 Höhenmeter im Aufstieg überwunden. Und ich möchte diese Strecke unbedingt wieder einmal fahren. Aber dann halt bei Schönwetter!

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert