Radrennen

RAI, das Race across Italy

Heuer im April, werde ich beim Race across Italy, gemeinhin als RAI abgekürzt, teilnehmen. Es wird mein erstes „großes“ Radrennen überhaupt. Das RAI wird in Silvi, einem kleinen Ort nördlich von Pescara gestartet. Es gibt mehrere Klassen mit Streckenlängen von 300, 775 und 2.000 km, die kürzeren beiden jeweils mit und ohne Begleitfahrzeug, das längere nur ohne. Das Rennen wird sehr stark besetzt sein, ich habe gehört, dass sogar Christoph Strasser, der Bester Ultracycler (Weitstreckenradler) der Welt, die 775 km Wertung fahren wird.

Ich habe mich heuer für das Kürzeste Rennen, das sogenannte Sprintrennen, entschieden, also die 300 km Variante, und zwar ohne Begleitfahrzeug. Ich werde also am 29. April in ein Abenteuer starten, das ich noch überhaupt nicht abschätzen kann. Ich muss dabei 4.600 Höhenmeter und 306 km Distanz bewältigen, von Silvi, dem Meer entlang nach Norden, dann ins Vomano-Tal und weiter der A24 entlang, über einen Pass nach L’Aquila, weiter über Celano, Raiano durch das Pescaratal wieder zurück. Irgendwo auf der Strecke, wird es einen Kontrollpunkt geben, an dem überprüft wird, ob ich noch fahrfähig bin. Am Kontrollpunkt kann ich auch zusätzliche Ausrüstung deponieren, die ich aufnehmen kann. So kann ich die Zahl der Stopps ein bisschen in Grenzen halten und muss nicht wahnsinnig viel Gepäck mitnehmen.

Bisher war die weiteste Distanz, die ich an einem Tag Stück gefahren bin, die 214 km, die ich vergangenen September von Baden durch das Marchfeld bis nach Zwettel ins Waldviertel gefahren bin. Das ist vergleichsweise leicht gegangen, ich bin optimistisch, dass ich auch 300 km schaffen kann, aber die vielen Höhenmeter sind natürlich eine zusätzliche Herausforderung!

Seit zwei Monaten trainiere ich hart für dieses Event. Je länger ich trainiere, desto verzagter werde ich, insbesondere, wenn ich mir die Zeiten vom letzten Jahr ansehe: Um nicht allerletzter zu werden hätte ich brutto, also mit allen Pausen, unter 13:30 Stunden fahren müssen, was einem Schnitt von 23 km/h entspricht. Ich bin sehr gespannt, wie das ausgeht! Im schlimmsten Fall wäre ich aber auch mit einem allerletzten Platz zufrieden, das Abenteuer ist mir eindeutig wichtiger, als das Rennen.

Lisi und ich werden bereits eine Woche vorher anreisen, sodass ich mir die Strecke ein bisschen ansehen kann. Außerdem werden wir natürlich spazieren gehen oder im Wasser planschen, gut essen und Italien genießen.

Ausrüstung

Mein Ridley Fenix, bei einem Einzelzeitfahren im Herbst ’22

Ich werde mit meinem bewährten Ridley Fenix SL mit den Lightweight Felgen fahren. Das Rad hat mir in den letzten beiden Jahren bei mehr als 15.000 km noch nie Schwierigkeiten gemacht. Es ist zwar nicht besonders leicht, aber es rollt gut und ich mag es sehr. Ich werde noch Aufleger montieren, damit ich mich statt der anstrengenden Haltung im Unterlenker auf den Lenker legen kann. Das spart nicht nur Kraft, sondern ist auch noch windschlüpfiger.

Diesmal werde ich zumindest zwei Wasserflaschen mitnehmen, wahrscheinlich eher mehr, weil ich mich ja ohne Hilfe selbst verpflegen muss, und jeder Stopp an einer Tankstelle kostet wertvolle Zeit.

Der Start wird irgendwann zwischen neun und zehn Uhr vormittags sein. Ich werde also gegen Mitternacht wieder in Silvi ankommen. Ich muss daher Licht mitnehmen. Das Reglement schreibt vor, dass man die ganze Zeit beleuchtet sein muss. Ich werde hinten mein Garmin Radar montieren, denn es zeigt mir auch an, wenn Autos von hinten kommen. Am Kontrollpunkt werde ich dann noch mein Bontrager Flare RT bekommen, das ich als zweites Licht dazu verwenden werde, denn das Garmin Radar wird nicht die ganze Strecke durchhalten. Vorne werde ich mit einem ganz normalen weißen Blinklicht starten, meinen B + M IXON Rock LED 100 Scheinwerfer werde ich dann ebenfalls am Kontrollpunkt aufnehmen. Gutes Licht ist wichtig, denn die (vor)letzte Abfahrt ist extrem steil, die Strecke zwischen den Kehren gerade und daher rechne ich mit Höchstgeschwindigkeiten zwischen 80 und 100 km/h. Da will ich weder ein Schlagloch, noch die Kehre übersehen!

Noch bin ich etwas unsicher, was die Verpflegung anbelangt. Ich wollte ursprünglich Flüssignahrung mitnehmen (Ensure Plus), mit der Christoph Strasser gute Erfahrungen gemacht hat, aber ich brauche alle Stunden ein Fläschchen mit 200 g, da hab ich sehr schnell mehr als ein Kilo an zusätzlichem Gepäck. Wahrscheinlich werde ich statt dessen irgendwelches Gel verwenden, aber da muss ich noch experimentieren. Es ist jetzt Mitte Feber, ich habe noch 9 Wochen Zeit dafür.

Ich hoffe, dass ich mit meiner kleinen Rahmentasche klarkomme. Da soll – neben dem Ersatzschlauch und ein bisschen Werkzeug und einem Adapter für das Ventil – insbesondere die Verpflegung hinein kommen. Ich hoffe, dass es so warm ist, dass ich mit meinem normalen Bobby’s Raddress fahren kann, falls aber der Wetterbericht schlecht ist, muss ich zusätzliches Gepäck mit dem Regendress mitnehmen, und das hätte dort nicht Platz.

Zu guter Letzt habe ich natürlich noch meinen Garmin 1030 Radcomputer, der mir brav sagt, wie schnell ich bin, wie weit es noch ist, wie stark ich trete und welchen Puls ich dabei habe. Die Leistungsdaten dazu bekommt er von meinen Assioma Pedalen.

16. April 2023

Langsam werde ich nervös. Das Wetter der letzten 14 Tage hat kein vernünftiges Training zugelassen, wenn man von einer Runde um den Neusiedlersee am Mittwoch absieht. Ich bin damit etwas zu früh in Form gekommen. Schlecht trainiert wäre ich nicht, aber die lange Fahrten fehlen mir jetzt leider.

Strecke

Heute habe ich den Link fürs Life-Tracking bekommen. Unter https://www.followmychallenge.com/live/rai300/2023/ sollte ich getrackt werden können. Es wird eine Timestation geben, und zwar im Hotel Paradiso in Celano, nach 156 km. Ich muss spätestens nach 9:56 Stunden dort sein, das entspricht einem Schnitt von knapp 16 km/h, das sollte machbar sein. 16 km/h klingt wenig, aber die Runde hat insgesamt 4.600 Höhenmeter, teilweise auch recht steil. Rund um den Neusiedlersee bin ich 28 km/h gefahren, aber da hatte ich insgesamt nur 940 Höhenmeter. Hier kann man sich die Route genau ansehen.

Route, RAI 300, 2023
Karte und Höhenprofil für den RAI 300 Sprint 2023

Insgesamt ist der GPS Track 280 km lang und hat 4.080 Höhenmeter. Es wird zwar sicher etwas länger, und ich werde auch mehr JHöhenmeter machen, es sollte trotzdem irgendwie machbar sein!

Fahrradtransport

Heute haben wir auch probiert, ob der Fahrradkoffer ins Auto passt: Kein Problem damit, wir können fahren. Unser Hotel hat sich auch schon gemeldet. Ich habe meine Ausrüstung getestet, ich komme mit allem klar. Es scheint alles gut zu sein. In den nächsten Tagen publishe ich dann noch die Liste der Ausrüstungsgegenstände. Und am 24. April in der Früh gehts dann los. Wir werden ein paar Tage in Silvi bleiben, Lisi und Mimi begleiten mich natürlich, und wir werden es uns ganz sicher auch gutgehen lassen!

Mein Rennrad im Koffer

19. April 2023

Heute haben ich die Schaltung meines Fahrrades neu einstellen gelassen. Ein bisschen habe ich mich geniert, denn das Rad war sehr dreckig, nicht zuletzt, weil es geregnet hat. Jedenfalls schaltet es jetzt wieder perfekt. Danke, Pfannberger Cycling!

Im Moment bekomme ich auch laufens updates aus Italien. Zum Beispiel die Starterliste mit den genauen Startzeiten.

Gestartet wird alle 1:30 Minuten, die ersten um 9:10. Leider starte ich relativ spät, um 9:54. Ich werde also lange ins Dunkle fahren müssen. Ich hoffe auf eine Zeit zwischen 13 und 15 Stunden. Ich sollte also rund um Mitternacht im Ziel ankommen.

Die Favoriten auf der langen Strecke starten dann nach 12 Uhr: Jochen Böhringer um 12:25, Ralph Deviscourt um 12:31 und der 24 Stunden Weltrekordhalter (über 1.026 km!) Christoph Strasser als Letzter um 12:33.

Ernährung

Wie schnell ich tatsächlich sein werde, hängt nicht nur von meinen konditionellen Fähigkeiten, sondern insbesondere von der Ernährung und meinem Magen ab. Wenn ich „verhungere“, dann brauche ich dringend etwas zu Essen und zwei Stunden Pause, um wieder einigermaßen fit zu werden. Für den Fall habe ich natürlich etwas Gel mit mir, aber das gilt es dringend zu vermeiden.

Ich vertrage leider die hochcalorische Ernährung nicht besonders gut. Aber man verbrennt pro Stunde zirka 600 Kalorien, das ist mehr als eine Tafel Milchschokolade. Das muss man erst einmal verdauen können. Ich experimentiere mit einem Pulver, das im Prinzip aus Maltodextrin, Fruktose und Salz besteht und mit Gels. Beides vertrage ich nicht wirklich gut. Ich werde also auch noch Anderes essen müssen. Nach gut der halben Strecke gibt es die Timestation. Dorthin kann ich mir etwas schicken lassen, dort bekomme ich auch etwas zum Essen, ich fürchte aber, dass es Salamisandwitches sein werden. Leider vertrage ich kein Schweinefleisch, ich muss mir da also noch etwas Anderes ausdenken. Natürlich kann ich auch jederzeit zu einer Tankstelle oder einem Supermarkt fahren und einkaufen.

Sitzbeschwerden etc.

Ein anderes Problem habe ich – zumindest denke ich mir das im Moment – gut im Griff: Die Sitzbeschwerden. Wenn man zu lange im Sattel sitzt, beginnt der Po zu schmerzen. Und das kann einem die Freude gründlich verderben. Ich bin bei meinen letzten längeren Ausfahrten (zuletzt 190 km rund um den Neusiedlersee vor einer Woche) jede Stunde 1-2 Minuten im Stehen gefahren. Außerdem wechsle ich häufig die Position am Lenker: Oberggriff, Untergriff oder ich lege mich in die Aeroposition. Dadurch wechselt auch die Stelle, auf der ich tatsächlich sitze. Und so passieren die punktuellen Überlstungen weniger leicht, die dann zu Sitzbeschwerden führen. Außerdem neige ich zu Problemen mit den Füßen, sie werden mirt regelmäßig taub. Das löse ich, indem ich – ebenfalls jede Stunde – eine längere Zeit meine Zehen einrolle. So wird das Gewebe dort ordentlich durchblutet und die Schmerzen treten erst garnicht auf.

Beleuchtung

Dann habe ich noch ein wichtiges Experiment gemacht: Ich habe Fahrradcomputer und Scheinwerfer an eine Powerbank gesteckt. Der Tipp mit dem Akku stammt übrigens von Jochen Böhringer. Er und war sehr hilfsbereit und hat auf meine naiven Fragen rasch, kompetent und freundlich geantwortet. Genau wie mein „Idol“ Christoph Strasser (beide werde ich in Silvi treffen). Auf mittlerer Stufe hält der Akku zirka sechs Stunden, wenn ich bei der Timestation den Akku tausche, werden sowohl der Radcomputer, als auch das Licht, noch voll sein. Die Lebensdauer auf höchster Stufe schätze ich vorsichtig auf drei Stunden, zusammen mit dem eingebauten Akku wären das ungefähr sechs Stunden, auf halber zwölf. Die volle Leuchtkraft brauche ich nur im Dunklen zum Hinunterfahren, denn es gibt lange steile Abwärtsstücke, wo Geschwindigkeiten zwischen 70 und 90 km/h zu erwarten sind. Ich bin optimistisch, dass sich das mit dem Strom gut ausgehen wird. Für den Notfall nehme ich noch einen kleinen leichten zusätzlichen Scheinwerfer mit, der aber nicht sehr hell ist.

Rücklichter habe ich drei: Ein Bontrager Flare RT, das im Blinkmodus 10 Stunden durch hält, und ein Garmin Radar, das ungefähr acht Stunden im Dauerlichtmodus durchhält. Ich werde das Flare bis zur Timestation fahren und dann auf das Radar umsteigen. Beide warnen, bevor der Strom ausgeht. Zusätzlich habe ich noch ein ganz kleines, leichtes Licht, das wenig hell ist, aber lange durchhält, das ich als Reserve verwenden werde.

Navigation

Ich werde einem GPS Track folgen. Den endgültigen habe ich bereits am Dienstag bekommen. Es ist absolut notwendig, dass das GPS durchhält, denn ohne wäre ich vermutlich verloren. Ich möchten den Kurs aber vorher auch noch einmal mit dem Auto abfahren, damit ich weiß, auf was ich mich gefasst machen muss.

Neben dem Kurs gibt es natürlich auch ein Routebook. es ist eine Excel-Tabelle. Ich fürchte, es wird nicht übermäßig hilfreich sein, ich werde es aber trotzdem in gedruckter Version mitnehmen.

Ausschnitt aus dem Route Book

Zusätzlich zum Track habe ich mir noch POI (Point of Interest) erzeugt, und zwar Restaurants/Bars, Tankstellen und Brunnen, denn die Wasserversorgung wird vermutlich mein größtes Problem sein.

27. April 2023

Im übervollen Fiat 500 am Weg nach Silvi

Seit Montag sind wir in Slivi. Silvi ist überraschend schön. Aber der Reihe nach. Am 24. um sieben Uhr sind wir in Baden losgefahren. Bis Graz war das Wetter passabel, aber dann hat es geregnet, was sag ich, geschüttet, und das bis Udine. Erst ab Venedig hat der Regen zuweilen pausiert und wie wir in Silvi angekommen sind, war es einigermaßen schön. Wir haben ein Glas vorgekochtes Sugo und Nudeln mitgebracht, das haben wir uns warm gemacht, dazu gab es einen guten italienischen Wein.

Vor unserem Apartment

Unser Apartment ist groß und gut heizbar. Leider hören wir unsre Nachbarn sehr gut, egal, ob sie ihre Kinder maßregeln, Nießanfälle erleiden, oder sich lieb haben.

Etwas kühl, nach den Stürmen der letzten Tage

Am Dienstag haben wir erst eingekauft, dann sind wir zum alten Ort Silvi hinauf gewandert. Silvi Paese, oder Silvi Alta, liegt, hoch über der Küste, auf einem Hügel auf ungefähr 200 Metern Seehöhe. Am Nachmittag bin ich dann noch ausgeradelt, die ersten 20 km der Strecke, hin und zurück, bei 150-160 W, also ohne Druck, im angepeilten Renntempo.

Silvi Paese, vom Strand gesehen
Ein Gässchen in der Altstadt

Am Mittwoch sind wir die Strecke mit dem Auto abgefahren. Ich muss sagen, sie ist wirklich wunderschön. Die Orientierung war im ersten Teil problemlos, die Landschaft ist herrlich und weitgehend leer, genau wie die Straßen, ich hoffe, das ist am Samstag auch so.

Die Route für das RAI 300 (Sprint Challenge)

Von Silvi geht es erst ein paar Kilometer der Küste entlang nach Norden. Hinter Pineto zweigt man links in ein weites Tal ab. In einiger Entfernung throhnen die schneebedeckte und beinahe 3.000 m hohen Gipfel des Gran Sasso, auf die man recht gemütlich zufährt. Erst nach ungefähr 40 Kilometer (man ist mittlerweile gemütlich auf ungefähr 250 Meter Höhe gerollt) beginnt der erste Aufstieg auf den Passo Campanele (1.300). Der Anstieg ist relativ wenig steil, zumeist 4-6 %, aber endlos lang. Die Abfahrt ist sehr kurvig und relativ steil, aber nicht gefährlich.

Unten, in L’Aquila, bleibt wenig Zeit, sich zu erholen, denn es geht sofort auf den Rocca di Cambio (1.383). Dieser Anstieg ist steiler, es gibt sehr viele Kehren, aber es sind nur 800 Höhenmeter. Die Abfahrt ist ein bisschen betrogen, es gibt lange, relativ gerade Stücke, unterbrochen von teilweise überraschend engen Kurven. Knapp hinter Celano ist nach 150 Km die Time-Station. Man muss dort anhalten, durchfahren ist verboten. Wichtig für mich ist, dass man sich dorthin auch Ausrüstung schicken lassen kann. Ich werde mir die lange Hose und einen Satz Lichter dort bereit legen lassen, auch einen Schlachreifen samt Kleber.

Castello Piccolomini e Borgo di Celano

Wir haben übrigens in Celano Pause gemacht und uns die Burg angesehen (von außen, sie war leider geschlossen).

Am – leider geschlossen – Burgtor

Wir sind dann noch ein paar Meter weiter gefahren und haben die Fahrt dort für einen Spaziergang nach Aielli unterbrochen. Die 10 km Wanderung hat uns sehr gut getan! In Aielli, in der Bar delle Stelli, gab es Capuccino für Lisi und heiße Schokolade für mich.

Die Bar 🙂
in einer Bar in Aielli.

In Aielli muss es einen lokalen und im Ort sehr anerkannten Künstler geben, denn einige Häuser hat er bemalt, so, wie das, vor dem Lisi hier sitzt.

Die Time-Station, das Hotel Paradiso, haben wir leider übersehen, aber das macht nicht viel, ich hab mir die Einfahrt mittlerweile auf Google Streetview gut eingeprägt.

Nach der Timestation geht es erst hügelig, dann recht forsch hinauf auf den Forca Caruso (1.100 m). Die Abfahrt nach Raiano wäre an sich toll, sehr steil, schnell und fordernd, aber der Asphalt ist eine echte Katastrophe. Ich werde das leider bereits im Dunklen fahren müssen, aber ich bin heilfroh, dass ich es vorher einmal bei Tageslicht gesehen habe, und mein Licht auf höchster Stufe wirklich beinahe so hell, wie ein Autoscheinwerfer ist. Ich werde auf diesem Gefälle definitiv Zeit liegen lassen. Besser langsam, als ein Unfall, der in dem Gelände sicher schwerwiegend wäre! Ab Raiano ist alles wieder gut.

Nach Corfinio war die Straße wegen einer Baustelle gesperrt. Ob die da am Samstag befahren werden kann, weiß ich noch nicht, ich habe dazu bisher noch keine Informationen. Ich hoffe, das werden wir morgen bei der Abschlussbesprechung erfahren. Wir sind gestern über die Autobahn ausgewichen.

Hügelig geht es über die SR5 bis Villa Breda. Aus Gründen, die ich nicht verstehe, überqueren wir hinter Villa Breda den Fluss (den Fiume Pescara) und weiter geht es über eine schlechte Straße mit viel Verkehr, durch viele Orte, teilweise steil auf und ab, bis Santa Teresa. Die Orientierung ist eher schwierig, viele Kreuuzungen, die sich nicht intuitiv erschließen, wir haben uns dort mehrfach verfahren. (Anmerkung von nach dem Rennen: Im Rennen war es da sehr gut, kaum Verkehr und die Orientierung war auch kein Thema, ich nehme meine Kritik zurück)

Bei Santa Teresa, ungefähr 20 km vor dem Ziel, zweigt man links ab, und fährt zirka 200 Höhenmeter hinauf nach Spoltore. Heute habe ich versucht, dort mit 110 – 130 Watt hinaufzufahren. Das ist, was ich schaffe, wenn ich vollkommen am Ende und verhungert bin. Ich habe 20 Minuten gebraucht, aber man kommt auch so hinauf. Ich denke, dass dieser Abschnitt dazu dient, Pescara zu umfahren, aber ich fürchte mich wirklich vor diesem letzten „großen“ Anstieg. Unten, in Capelle sul Tavo, biegt man wieder rechts Richtung Küste ab.

Dieses Stück war sowohl gestern, als auch heute, echt mühsam. Dichter Verkehr, Stau, rücksichtsose Autofahrer. Zum Glück zweigt man dann nach ein paar Kilometer links ab. Die letzten zehn Kilometer sind dann wieder entspannter. Das Ziel ist in Silvi, Via Rubicone, am selben Platz, wie der Start war.

Heute, Donnerstag, haben wir uns einen faulen Tag gemacht. Wir sind dem Strand entlang nach Norden, am Torre di Cerrano vorbei. Der Strand war weitgehend leer, der Himmel absolut wolkenlos und sensationell blau, leider hat ein kühler Wind vom Meer her geblasen, es war also nichts mit T-Shirt.

Spaß am Strand
Perfekt schönes Wetter, toller Strand, links der Totte di Cerrano

Am Abend bin ich dann das Ende der Strecke bis nach Santa Teresa gefahren. Den Hügel nach Spoltore bin ich, ich habe es bereits erwähnt, extrem langsam gefahren. Ich wollte wissen, ob ich es schaffe, wenn ich total am Ende bin. Es wird irgendwie gehen, zumal er nicht durchgängig steil ist, sondern ziemlich steile Stücke mit flachen zum Ausrasten wechseln.

Freitag, 28. April 2023

Das offizielle Programm beginnt mit der Abnahme der Fahrräder, heute ab 9 Uhr. Um 16 Uhr kommt das offizielle Briefing, wir werden einiges über die Strecke hören, die Regeln werden uns noch einmal erklärt.

Start/Ziel in Silvi

Das Rad wurde klaglos abgenommen, keiner wollte es sehen, wir mussten nur die Checkliste abgeben. Bei der Abnahme wäre es um die Lichter und die Reflektoren gegangen, wie gesagt, kontrolliert wurde nichts. Auch die Begleitfahrzeuge hat keiner angesehen. Bei der Gelegenheit habe ich auch ein paar meiner „Gegner“ kennengelernt, insbesondere Claudia aus Oberösterreich und Christoph aus Graz. Gegner unter Anführungszeichen, denn ich habe keine Chance, irgendwas zu gewinnen, ich will eigentlich nur nicht letzter werden. Und der größte Gegner wird definitiv der innere Schweinehund sein. Den gilt es als aller Erstes zu besiegen, die anderen Teilnehmer werden eher Kollegen als Gegnersein. Während es bei Claudia und mir hauptsächlich ums Durchkommen auf der kurzen Strecke geht, fährt Christoph auf der Langen um den Sieg.

Der nächste Programmpunkt heute ist das Briefing um 16 Uhr.

Briefigsession.

Danach habe ich wieder Pause und um 20 Uhr gibt es das große Dinner.

Viele nette Leute! Hat Spaß gemacht
Es ist die 10. Ausgabe des Rennens, der Veranstalter hat sich mit einer großen schmackhaften Torte selbst gefeiert.

Samstag, 29. April 2023

Renntag! Das Wetter ist nach wie vor gut, später am Tag soll es zuziehen und in der Nacht, gegen Morgen, sind vereinzelt Schauer möglich, aber da sollte ich schon im Ziel sein. Ich glaube, es wird ein perfekter Tag! Jetzt muss nur ich noch alles richtig machen, dann wird alles gut gehen.

Blick heute vor dem Panini holen, von der Terrasse auf das Meer hinunter
alles ist bereit

Ab 9:54 kann man mich im Internet verfolgen. Ich bin Nummer 315. Ich muss mein Telefon mitnehmen, damit der Veranstalter mich erreichen kann. Ich würde mich freuen, wenn mich jemand anfeuern würde.

Montag, 1. Mai 2023

Das Rennen ist jetzt vor zwei Tagen zu Ende gegangen. Es hat Spaß gemacht. Zu sagen, dass das jeden Moment so gewesen ist, wäre zwar gelogen, aber im Großen und Ganzen war es so.

In der Früh war ich Panini kaufen, viel zu viele, vielleicht, weil ich nervös war. Es gab viel zu tun. Meine Vorbereitung im April war schlecht, denn das Wetter war eine Katastrophe und ich habe kaum 530 km in den Beinen. Noch nie bin ich mehr als 229 km an einem Tag gefahren, und jetzt sollten es innerhalb von 21 Stunden 275 werden. Ich denke, das ist ein ausreichender Grund für Nervosität! Irgendwie war ich gerade für alles verantwortlich, auch für Dinge, die nichts mit dem Rennen zu tun hatten, und so kam ich in Stress.

Ich habe die Akkus und Lampen gecheckt, alles war voll geladen und bereit. Ich bin dann zum Start und habe meinen Sack abgegeben, den ich auf der Timestation bekommen sollte. Dann noch einmal zurück, um fertig zu frühstücken. Für die Spiegeleier, die ich ursprünglich essen wollte, war nicht mehr genügend Zeit. Dann bin ich wieder die 3½ km zurück zum Start, diesmal natürlich nicht mit dem Auto, sondern mit dem Fahrrad.

40 Minuten vor meinem Start war ich dort, ready to race, wie ich dachte. Lisi war mit Mimi zu Fuß nachgekommen, und ihr ist sofort aufgefallen, dass ich nicht die Fahrradbrille, sondern meine Normale auf der Nase gehabt habe. Macht nix. Was aber wirklich etwas gemacht hat war, dass ich keine Wasserflaschen dabei gehabt habe. Lisi ist also zurück gelaufen, 3½ Kilometer, hat die Wasserflaschen geholt, und sich an die Straße gestellt.

Mir ist inzwischen langweilig geworden. Nervös und Gelangweilt ist keine gute Kombination! Dann hat sich auch noch herausgestellt, dass ich den Startzeitpunkt falsch in Erinnerung gehabt habe, nicht 9:45 sondern 9:54. Ich habe also noch einmal 11 Minuten länger warten müssen.

Die Startreihenfolge war so gewählt gewesen, dass die Langsamen zuerst, die Schnellen zum Schluss starten sollten, ich war aus unerfindlichen Gründen eher gegen Ende des Starterfeldesgesetzt. Im Vorjahr waren die Langsamsten um die 14 Stunden unterwegs gewesen, und ich habe mit 14-16 Stunden, im besten Fall mit gut 12 gerechnet, ich war auf einen harten Kampf um den letzten Platz eingestellt.

Und dann war ich doch noch auf der Rampe. Ein paar blöde Fragen ins Mikrophon, „5, 4, 3, 2, 1, in pocca al lupo, go, go, go!

Gestartet, es kann losgehen. Noch bin ich extrem nervös, aber das wird sich bald legen.

Ich bin – absichtlich – voll durchgestartet, ich wollte eine gute Show abliefern. Nach der ersten Ecke habe ich mich aber natürlich auf die 150 W reduziert, die ich erfahrungsgemäß sehr lange halten kann. Nach 4 km, an einer Ampel, die ohnehin rot war, ist Lisi gestanden und hat mir Brille und Flaschen gegeben, bei Grün war ich schon wieder rennfertig.

Ich habe meine Flaschen, jetzt kanns losgehen!
(leider das einzige Bild, das mich fahrend zeigt)

Sauber, in Aeroposition, bin ich die nächsten 15 km der Küste entlang gefahren, konstant deutlich über 30 km/h. Dann zweigt die Strecke links ins Landesinnere ab. Gleich hinter der Abzweigung, nach 17 km, wurde ich zum ersten Mal überholt. Das fand ich frustrierend, der, der mich überholt hat, war viel schneller als ich, und dann ist sofort noch einer gekommen, der uns beide geschnupft hat. Aber dann habe auch ich jemanden überholt, der weit langsamer war, als ich, ich war also nicht der Langsamste, das fand ich durchaus beruhigend.

Der Eindruck, sehr langsam zu sein, hat sich verstärkt, obwohl ich konstant mit 31 km/h unterwegs war. Ich wurde öfter überholt, als ich hätte überholen können, und die, die ich überholt habe, waren so langsam dass sie nicht wirklich als Maßstab getaugt hätten. Immer, wenn ich überholt wurde, wurde ich angefeuert. „Dai! Forca! Bravo!“ rief man mir zu, und auch ich habe alle angefeuert, denen ich begegnet bin. Ich fand das sehr schön, oft waren die Anfeuerungen auch persönlicher, wenn ich besser italienisch könnte, dann wären auch ein paar kurze Unterhaltungen möglich gewesen. In Villa Vomano, kurz vor einer seltsamen Abzweigung, bei der man nach rechts abbiegen muss, um nach Links zu kommen, hat mich ein Italiener überholt und nach dem Weg gefragt, dem habe ich natürlich geholfen, ich wollte auch ein Stück weit mit ihm fahren, aber er war mir zu schnell, sein Tempo habe ich mir nicht zugetraut.

Nach gut 40 km war das flache Stück zu Ende, ein endloser Anstieg bis auf 1300 M hat begonnen. Die Straße ist nicht steil, aber die Steigung scheint sich endlos hinzuziehen. Weiterhin bin ich öfter überholt geworden, als ich überholen konnte. Aber ich war offensichtlich nicht der Allerletzte, das war tröstlich. Mit einem Italiener habe ich mich einige Zeit gematcht, aber dafür musste ich um die 200 W treten, und mehr als 170-180 W wollte ich auch aufwärts nicht investieren, also habe ich ihn dann doch fahren gelassen, im Nachhinein denke ich mir, es war ein Fehler. Es hat zugezogen, und ich war mir nicht sicher, ob das Wetter halten würde, und tatsächlich hat es bald zu nieseln begonnen.

Nach einer kleinen Ewigkeit, 2½ Stunden hat der Anstieg gedauert, war ich oben (ca. 90 km, 3:45). Die hochcalorischen Gels, die ich mitgenommen habe, habe ich sehr gut vertragen, sie haben mir Kraft gegeben und ich war noch sehr frisch. Abwärts habe ich es dann trotzdem einfach rollen gelassen und nicht wirklich Gas gegeben, ich wollte Kräfte sparen und mich etwas erholen. Es hat immer noch genieselt, die Straße war zwar kaum nass, aber es war kalt, oben um die 10°C. Ich bin vorsichtig hinunter gefahren, nur nichts riskieren.

Es geht dann durch L’Aquila (ca. 115 km, 4:30). L’Aquila ist verhältnismäßig groß, mit viel Verkehr. Dort bin ich ein Stück mit jemandem gemeinsam gefahren, hab ihn dann aber am Ortsende abgehängt. Nach dem Ort geht es dann sofort wieder hinauf. Die zweite Steigung ist zwar kürzer, aber steiler. Nicht sehr steil, es war OK. Generell bin ich aufwärts stärker, als ebenaus, mit 72 kg bin ich für meine Größe relativ leicht. Auf der Steigung habe ich ungefähr so viele überholt, wie mich überholt haben. Unter Anderem habe ich auch eine Frau überholt, die total ausgehungert war, der habe ich eines meiner Gels geschenkt.

Wenn man oben ankommt (ca. 140 km, 6:00), öffnet sich eine wunderschöne Hochebene mit drei kurzen, aber recht giftigen Anstiegen. Oben war es kühl, ungefähr 9 °C, aber das hat mir nichts ausgemacht, ich habe mich immer noch sehr gut gefühlt. Ein Deutscher – samt Begleitfahrzeug – hat mich gleich am Anfang dieser Hochebene überholt, der einzige übrigens im Rennen, der mich nicht gegrüßt hat. Er war mir auch sonst vom ganzen Verhalten eher unsympathisch. Dieses Team hat mich zwar sehr schnell überholt, war dann aber nicht wirklich schneller als ich, ich bin ihnen nach wenigen hundert Mehern wieder aufgefahren und dran geblieben. Zur Hälfte der Hochebene ist mir dann aber das Essen ausgegangen. Meine größte Sorge war, zu verhungern. Verhungern, das weiß ich, wäre das Ende gewesen, ich hätte mich stundenlang nicht wieder erfangen und wäre leistungsmäßig um mindestens 20-30 W schwächer geworden.

Die Abfahrt war schön, aber der Asphalt war nass, ich habe mich also zurückgehalten. Es hat weiterhin leicht genieselt, ich war also nass und ausgekühlt, auch, weil ich bei der Abfahrt überhaupt nicht getreten habe, um nicht zu verhungern.

Etwas ausgehungert und total unterkühlt, bin ich in der Timestation angekommen (ca. 167 km, 6:54). Mittlerweile hat es aufgehört zu nieseln. Eigentlich wollte ich sofort weiter fahren, aber ich musste noch etwas essen, neue Gels einpacken und den Akku und die Lampen tauschen. Ich habe also als erstes das zweite Rücklicht aus dem Beutel gerissen, es angeschaltet … Es ist nicht angegangen. Das war jetzt echt blöd! Ich wühlte nach dem zweiten Akku, der den Scheinwerfer und den Fahrradcomputer mit zusätzlicher Energie versorgen sollte, aber der war nicht da. Nur der zweite Scheinwerfer und ein weißes Notfalllicht haben geleuchtet. Extrem schlechte Voraussetzungen für die Nacht!

Ich war extrem lange bei der Timestation, mehr als 14 Minuten. Weit länger, als alle anderen. Wenn ich mir den Verlauf des Pulses aus der Zeit ansehe, dann gibt es eine Spitze bis auf 130, das muss der Moment gewesen sein, an dem ich festgestellt habe, dass ich weder Akku, noch Rücklicht hatte. Kalt war mir ohnehin, ich habe die ganze Zeit über gezittert, obwohl es dort unten angenehme 16°C hatte.

Dann sind ein paar Fahrer hereingekommen, diese Plätze wollte ich nicht auch noch verlieren, ich bin also zitternd vor Kälte und längst noch nicht satt wieder aufs Rad gestiegen und weitergefahren.

Nach der Timestation geht dann gleich in die dritte Steigung, etwas weniger hoch, als die Zweite, und auch nicht sehr steil. Ich war alleine. Immer wieder hatte ich die Möglichkeit, 1-2 km voraus oder zurück zu schaen, aber ich habe niemanden sehen können. Vielleicht habe ich in dem Anstieg etwas viel Zeit liegen gelassen, die Motivation war nicht so toll.

Die Steigung läuft dann in ein Hochtal aus, es geht noch einmal über zwei Stufen bis zum Pass hinauf (ca. 183 km, 8:00) dann wieder hinunter. In der zweiten Kehre fährt man geradeaus auf eine Nebenstraße, und die ist in einem wirklich schlimmen Zustand. Ich war froh, dass ich das vorher schon gesehen habe! Entsprechend langsam bin ich da hinein gefahren. Die Straße war mit dem Auto ein Horror gewesen, mit dem Fahrrad war sie erfreulicherweise besser zu befahren.

Irgendwie habe ich beim Besichtigen einen kleinen Pass nicht bemerkt, mit dem Fahrrad entgeht einem so etwas nicht. Ich war aber wieder gut drauf und habe ihn problemlos gemeistert. Oben sind zwei große weiße Hirtenhunde gelegen. Und die haben gemeint, dass ich da nicht vorbei darf, sie haben damit gedroht, mich – wie weiland das böse Wolf die Großmutter – zu fressen. Interessenskonflikte gewinnt immer der, der psychisch stärker ist. Und das war eindeutig ich. Ich musste zwar kurz anhalten, aber ich habe die beiden Hunde angebrüllt (den Wortlaut will ich hier nicht weiter geben, Scheißviecher war das Mildeste, das ich ihnen zugerufen habe). Jedenfalls war das zu viel, auch der dritte Hund, der noch dazu gekommen ist, konnte an meiner Dominanz nichts ändern, ich durfte bereits nach ein paar Sekunden unbehelligt weiterfahren.

Die Straße ist dann noch schlechter geworden, aber es war noch hell, ich hatte keine Probleme. Bald war ich in Raiano (ca. 200 km, 8:45).

Bisher hate ich keinerlei Probleme mit der Orientierung gehabt, aber hinter Raiano, vielleicht 80 km zum Ziel, ist plötzlich ein Uniformierter gestanden, der mich aufgehalten und eineinhalb Kilometer zurück geschickt hat. Die Straße sei gesperrt, ich müsste eine Umleitung fahren.

Also zurück. Nach ein paarhundert Meter auf der Umleitung hat mich Lisi angerufen, ich sei falsch. Ich habe ihr erklärt, dass mich die Polizei hierher geschicht habe. Lisi wollte mich zurück lotsen, und vermutlich wäre das gut gewesen. Ich bin trotzdem weiter gefahren. Dann eine wilde Steigung, sicher deutlich über 10%. Mitten drinn wieder ein Anruf von ihr, wie ich fahren muss (es war lieb gemeint, aber die Umleitung war perfekt beschildert). Dann bin ich weiter gefahren. Nach einigem Auf- und Ab war ich dann in Popoli wieder auf der richtigen Strecke angekommen (ca. 217 km, 9:20). Andere Teilnehmer konnten die normale Strecke auch nicht befahren, wie ich haben sie so einiges an Zeit Verloren, lange habe ich aber gedacht, ich sei der einzige gewesen, und war entsprechend frustriert. Ich denke, da hat der Veranstalter wirklich geschlampt!

So ungefähr 50 km vor dem Ziel habe ich bemerkt, dass das Rücklicht nicht mehr leuchtet. Ich habe das weiße Notlicht hinten montiert, damit man mich sehen kann.

Die nächsten 30 km bin ich sicher zu langsam gefahren, da habe ich sicher 1-2 Plätze verloren. Ich weiß nicht, weshalb, war ich wegen dem Umweg immer noch neben der Spur, war ich einfach nicht konzentriert, egal. Da wäre eindeutig mehr gegangen. 130 W, 28 km/h leicht bergab ist zu wenig. Und dann war ich auf den letzten 20 km, eine letzte Steigung (ca. 264 km, 11:00). Plötzlich war die Motivation wieder da, ich bin mit ungefähr 200 W hinauf geradelt, diese Leistung habe ich dann bis zum Ziel mehr oder weniger durchgehalten. Irgendwo, zwischen Weinstöcken, am Straßenrand ist ein Mann mit einem Hund gestanden, der hat mich angefeuert, das hat mir große Freude bereitet.

Ich war in Sorge, was das vordere Licht anbelangt. Ich habe nicht gewagt, es auf volle Helligkeit zu stellen, sondern habe es maximal gedrosselt gehabt. Beim Hinunterfahren hätte ich deshalb mit 42 km/h beinahe eine Kehre übersehen. Ich musste voll bremsen, das Hinterrad war gefährlich hoch hinauf gekommen, aber ich habe es geschafft, auch, weil die Straße an der Stelle trocken war. Auch nach diesem Fahrfehler bin ich weiterhin schnell und etwas risikofreudiger hinunter gefahren.

Dann ging es durch die Vororte von Pescara, noch einmal wurde ich an der Strecke angefeuert, was mich wieder sehr gefreut hat. Noch eine winzige Steigung, dann hinunter auf die Adriatica, die Küstenstraße SS16, bei einem Kreisverkehr hinein, und zum Ziel!

Den Kreisverkehr habe ich richtig erwischt, auch die Abzweigung in die Via Leonardo da Vinci, aber dann hat mir mein Navi gesagt, ich solle umdrehen, ich hätte etwas falsch gemacht. Ich bin ein paar Minuten herumgeirrt, dann habe ich das Zielzelt gesehen und bin dorthin gefahren. Ich bin zwar von der falschen Seite gekommen, aber es war alles gut, ich war im Ziel! Übrigens gerade einmal 2 Minuten später, als der, der vor mir platziert war.

Im Ziel nach mehr als 280 km angekommen! Die letzte Steigung fehlerfrei befahren, alles erledigt!

Ich musste ein Finnisherinterview auf der Bühne geben (Publikum war, von Lisi und Mimi einmal abgesehen, kaum welches da), und das hat mir Spaß gemacht. Ich war wirklich glücklich. Die angekündigte Medaille bekam ich übrigens nicht.

Ich war nicht total erledigt, wie sich das alle meine Freunde vorgestellt haben, ich habe mich immer noch gut gefühlt, trotz der letzten 20 km, die ich angesichts der 260 km davor wirklich sehr schnell gefahren war.

Auf der Bühne, beim Interview

Wir sind dann noch ins Apartment gefahren, Lisi hat Nudeln gekocht, es gab einen guten Wein. Es war ein entspoannter Abend.

Danach …

Vielleicht denkt man sich, dass man nach so einem Rennen auf Tage hin total erledigt ist. Ich wurde gefragt, ob mir alles weh tut, wie schlimm mein Muskelkater sei, lauter solche Dinge. Nichts dergleichen! Das einzige Problem waren am Morgen danach Verhärtungen in den Ballen, es hat sich so angefühlt, als hätte ich da unten einen Tennisball drinnen. Vielleicht sind einfach meine Radschuhe schlecht, vielleicht habe ich auch schlicht zu wenig trainiert, um das einfach aushalten zu können. Und ich hatte im Ziel starke Rückenschmerzen, die waren aber am nächsten Tag schon wieder vergessen. Mehr Probleme habe ich nicht gehabt. Vielleicht bin ich nicht schnell genug gefahren? Ich weiß es nicht. Hätte ich sicher noch 200 km weiter fahren können. Dafür hätte ich noch einmal Nahrung gebraucht, und die Lichter wären eine Katastrophe geworden, aber körperlich wäre es problemlos gegangen.

Ergebnisliste, Männer über 50:

1. 338 Andrea Antenucci, 10 h 14 m
2. 304 Orlando Porcedda, 10 h 30 m
3. 313 Cesare Bonazza, 11 h 29 m
4. 339 Radoslaw Kurek, 11 h 35 m
5. 320 Bruno Manicardi, 11 h 36 mo
6. 325 Alain Thein, 11 h 42 m
7. 329 Pasquale Borraccino, 11 h 49 m
8. 315 Johannes Norz, 11 h 51 m
9. 321 Adriano Ferracuti, 11 h 51 mo
10. 322 Claude Cerlati, 13 h 15 m
11. 333 Andrea Montrucchio, 13 h 55 m
12. 323 Tiziano Rossi, 14 h 56 m
13. 330 Michi Hange, 15 h 3 m

Am Ende war ich wirklich zufrieden mit meiner Leistung. Erster hätte ich niemals werden können, auch zweiter nicht, die waren eine Klasse für sich. Die beiden waren einfach außerhalb meiner Reichweite (fast 27, b.z.W. gut 26 km/h). Ohne der Umleitung, mit mehr Motivation auf den letzten 80 km, wäre aber sicher deutlich mehr als der 8. Platz möglich gewesen. Den 7. habe ich vermutlich mit dem Patzer im Zieleinlauf verpasst, der Umweg von 6 km und die zusätzlichen Steigungen dürfte mir etwas über 10 Minuten gekostet haben. Falls ich kommendes Jahr wieder mitfahren sollte, dann würde ich eine Zeit von 11 Stunden anvisieren, und mit 160 W starten. Und versuchen, einen früheren Startplatz zu beommen, denn die meisten der Top-Platzierten sind unmittelbar nach mir gestartet, die Schwächeren waren da schon eine Stunde lang am Rad. Aus meiner Altersklasse sind nur der Zweite und der Dritte nach mir gestartet, alle anderen teils lang vor mir. Die sind dann natürlich auch im zweiten Teil nicht so einsam gewesen, ich habe nach der Timestation keinen Fahrer mehr gesehen.

Ich bin in meiner Altersklasse am drittschnellsten gefahren (Zeit in Bewegung). Insgesamt (alle Klassen zusammen) wurde ich 22. von 35 Startern. Ich war einer der Ältesten.

Harte Fakten

Die Daten stammen alle von meinem Garmin Edge 1030, die Leistungsdaten aus meinem Assioma Pedal.

Gefahrene Strecke: 284 km in 11:51 Stunden, das entspricht 23,97 km/h. In Bewegung (also ohne Pausen für Ampeln, Timestation etc. waren es genau 25 km/h. Offiziell ist meine Zeit in Bewegung 23,50, die Differenz erklärt sich aus meinen Umwegen.

Die durchschnittleiche Leistung, inklusive aller Pausen, Abwärtsstücke etc. war 139 W (Normalized Power 161 W), die höchste Leistung über 20 Minuten 182 W, die maximale Leistung 604 W. Über die gesamte Zeit hinweg war der Puls auf 140. Ich habe insgesamt 35 Minuten Pause gemacht (wieder mit allen Ampeln etc.), Garmin behauptet, dass ich an dem Tag 6.800 kCal verbrannt hätte. Die Trittfrequenz war mit 69 eher nieder, trotzdem habe ich 42.406 Pedalumdrehungen gemacht.

Getrunken habe ich ungefähr 5 Liter Wasser, ich habe 4 Bananen, eine Packung Napolitanerschnitten und 17 Pächchen Gel (mit je 186 kCal) gegessen. Im Ziel war ich nicht besonders hungrig, aber durstig.

Daten RAI 300 Sprint
Screenshot aus Garmin Connect
Auswertungen aus Garmin Connect
Badener Zeitung, 11. Mai 2023

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