
Von Udine ans Meer nach Triest, Dezember ’22 bis Jänner ’23
Eine Weihnachtswanderung
21. Dezember ’22
Die Strecke steht seit ein paar Tagen. Es wird eine leichte Wanderung mit vergleichsweise kurzen Etappen, im Winter sind die Tage kurz und die Bedingungen unvorhersehbar. Wir wollen, mit kleineren Abweichungen, die letzten Etappen des Alpe-Adria Trails erwandern. Alle Quartiere sind mittlerweile gebucht und großteils bezahlt. Die Fahrkarte nach Udine auch. Ein Großteil des Proviants, den wir mitnehmen wollen, liegt auch schon bereit. Gerade hat Johannes das Blog ist so eingerichtet, dass wir es später werden updaten können. Am 28. Dezember, um 6:27, soll es losgehen. Mit dem REX nach Wiener Neustadt, dann mit dem Railjet bis Udine. Das letzte Stück, die 25 Minuten nach Cividale di Friuli, müssen wir leider an Ort und Stelle buchen, die ÖBB waren dazu leider wieder einmal nicht in der Lage.

Wir sind schon sehr gespannt! Johannes muss noch schnell ein bisschen italienisch lernen, er hat alles wieder vergessen. Giorgia, die sich im vergangenen Frühling ehrlich bemüht hat, ihm die Sprache näher zu bringen, wäre ehrlich entsetzt, und er ist es – ehrlich gesagt – auch. Vor einem halben Jahr konnte er sich noch einigermaßen verständlich machen, jetzt ist alles vergessen. Johannes hätte mir nie gedacht, dass das so schnell geht.
Geplante Etappen
Datum | Von | Nach | km | hm ↑ |
---|---|---|---|---|
28. 12. | ![]() | Albana (I) | 12,6 | 90 |
29. 12. | Albana (I) | Šmartno (SLO) | 27,3 | 830 |
30. 12. | Šmartno (SLO) | Capriva del Friuli (I) | 19,5 | 410 |
31. 12. | Capriva del Friuli (I) | Monfalcone (I) | 33,0 | 430 |
1. 1. | Monfalcone (I) | Sgonico (I) ![]() | 28,4 | 700 |
2. 1. | Miramare (I) | Lipica (SLO) | 21,6 | 630 |
3. 1. | Lipica (SLO) | Triest (I) | 25,1 | 380 |
4. 1. | ![]() | Baden | ||
168,0 | 3.470 |
27. Dezember ’22

Im Schlafzimmer stapeln sich Merinowäsche, Regenschutz, Socken, Unterwäsche und Hosen, daneben Hunde- und Menschenfutter, die Rucksäcke liegen auf dem Bett: Wir packen.
Ein schneller Check, der Wetterbericht sah vor ein paar Tagen noch deutlich besser aus! Vermutlich sind wie wieder einmal eine Woche zu früh dran, denn nach Silvester soll es dann nur noch sonnig sein, Wolken, gar Regentropfen, kommen dann nicht mehr vor. Egal, was solls: Regenschutz nehmen wir sowieso mit, ich werde wahrscheinlich dann doch auch die Gamaschen mitnehmen, denn meine Wanderschuhe sind niedrig, und ich will nicht, dass sie innen nass werden. Das Quatscht zwar herrlich beim Gehen, man bekommt so aber auch saukalte Füße.
Ich lade gerade noch schnell all die Elektrogeräte auf, die wir brauchen werden: meinen Garmin Forerunner, auf dem alle Tracks gespeichert sind, das Tablett, mit dem ich das Blog führen möchte, das Telefon, das als zweites Navigationsgerät dienen soll, und ebenfalls alle Tracks gespeichert hat, die kleine Kamera, die ich in die Gürteltasche des Rucksacks stecken werde und natürlich der E-Book Reader, denn ohne guten Lesestoff gehen wir beide nicht Schlafen.

Momentan überprüfe ich die Tracks noch einmal. Es darf nicht an der Navigation scheitern. Dann gibt es noch die Liste der Quartiere, samt Adressen und Telefonnummern, auf der auch steht, welche bereits bezahlt sind, und welche vor Ort bezahlt werden müssen, die muss auch mit, auf beiden Telefonen gibt es außerdem Kopien davon, sicher ist sicher. Übrigens sollten es am Ende beinahe 170 km und 3.500 Höhenmeter werden.
28. Dezember ’22

Endlich gehts los! Der Wecker läutet um 5:15, um 6:27 geht der Zug nach Neustadt, um 6:52 fährt er dann nach Udine weiter. Aber erst einmal frühstücken wir Philippines legendäre Torte und Stollen. Ach ja, in Neustadt haben wir nur kurz Zeit zum Umsteigen, also fahren wir noch etwas früher. Wir sind also eine halbe Stunde zu früh in Neustadt und sehen, dass unser Zug dreißig Minuten Verspätung haben wird. Knapp bevor der Zug einfahren soll, kommen noch einmal zehn Minuten drauf, dann noch einmal. Am Ende kommt er um 8:05, eine reife Leistung, wenn man bedenkt, dass er in Wien gestartet ist! Und unser Unglück geht weiter: Er fährt auch nicht nach Udine, sondern nur bis Villach, danach soll es Busse geben. Na bravo!

Tatsächlich steigen wir in Villach in den Bus nach Udine um, und sind dann natürlich so spät, dass die Zeit für die geplante Wanderung nicht reichen würde, wenn wir mit dem Zug nach Cividale weiter fahren. Wir beißen in den sauren Apfel und schnappen uns ein Taxi. Die Fahrt wird uns 50 € kosten. Danke, ÖBB!

Die Wanderung beginnt: Von Cividale del Friuli nach Albana

Unser Track beginnt am Bahnhof, und dort steigen wir auch aus. Cividale ist ein nettes kleines Städtchen. Die Gegend ist nicht mehr so flach, wie um Udine herum, sondern hügelig. Wir gehen zügig, denn jetzt, ende Dezember, wird es bereits gegen halb fünf dunkel, zumal, wenn es so ein trüber Tag wie heute ist.

Am Weg finden wir viel Weinbau, an den Häusern stehen die bizarren Kakibäume, sie sind mittlerweile vollkommen ohne Laub, die Äste sind beinahe schwarz, und, einem Christbaum ähnlich, sind sie mit den orangen Früchten behangen. Wir sehen auch ein paar späte Rosen.

Langsam wird es dunkel, und mit dem Dunkelwerden setzt Regen ein. Wir ziehen die Regenponchos über und sind recht froh, als wir beim Quartier, der Weinkellerei Grillo, in Albana ankommen. Wir läuten, uns wird aufgetan, aber die Signora wusste nichts von uns: Ihre Tochter hat unsre Buchung vertrödelt. Sie pflanzt uns kurz entschlossen mit einer Flasche Wein vor dem Kamin im Wohnzimmer und bereitet unser Zimmer vor. Ihre Hündin, die sehr an Mimi Gefallen findet, leistet uns Gesellschaft, der Wein ist hervorragend. Nächstes Problem: Alle Gasthäuser in der Umgebung sind am 28. Dezember geschlossen. Die Signora bringt uns etwas Brot, Käse und Salami, wir sind glücklich.

29. Dezember ’22, von Albana nach Šmartno

Das Frühstück war ausgezeichnet, die Signora hat sich selbst übertroffen. Leider nicht ganz so berauschend ist das Wetter. Zumindest regnet es heute nicht. Gleich hinter dem Weingut geht es lange und steil hinauf. Wir passieren die Grenze zu Slowenien (wir haben sie – Schengen sei Dank – glatt übersehen). Der Weg folgt den Hügelketten und ist alles andere als geradlinig. Manches mal geht man auf der einen Talseite hinein, um das Tal herum und auf der anderen Seite wieder zurück. Das ist wenig effizient, aber wir wollten ja gehen, nicht rasch vorwärts kommen, und die Landschaft gefällt uns gut.

Am Weg finde ich Kakibäume, die nicht unmittelbar bei einem Haus stehen. Kakis sind mein Lieblingsobst, ich kann nicht widerstehen und stehle eine Frucht, sie ist reif und wirklich gut!

Einmal gehen wir ein wunderschönes Tal entlang hinaus. Das Flüsschen staut sich immer wieder, und – eine Hinweistafel macht uns auf die Stelle aufmerksam – hat es sich schuchtartig in den Felsen gefressen, und zwar so, dass eine natürliche Brücke übrig bleibt. So etwas haben wir in dieser Form noch nie gesehen!
Das Wasser dieses Flusses ist wunderschön Blau, die Seen wären sehr verlockend, aber es ist ja relativ kühl und nass. Im Sommer wären wir sicher immer wieder rein gesprungen, heute geht nicht einmal Mimi baden!


Gegen Ende kommen wir an ein sehr seltsames Gebilde: Ein hohes, schmales, grünes Objekt, es fällt uns schon aus mehreren Kilometern Entfernung auf. Je näher wir kommen, desto seltsamer wirkt es. Als wir dort sind, sehen wir, dass es ein Sendemast ist, der als „Zypresse verkleidet“ ist, vermutlich, damit er nicht so auffällt. Das ist jetzt aber wirklich gründlich daneben gegangen!

Šmartno ist ein winziges Städchen, das sich beinahe vollständig in seiner mittelalterlichen Form erhalten hat, Stadtmauern, Tore und Gassen inklusive. Die einzelnen Häuser sind nicht sehr reizvoll, das Städchen als Ganzes ist aber durchaus sehenswert.

Wir kommen früher als geplant an, unsre Wirtin ist überrascht (sie wohnt irgendwo in der Nähe). Sie hat gerade Nudeln für ihre Enkel aufgestellt und verspricht, in einer halben Stunde zu kommen. Die Zeit bis dahin verbringen wir im Souvineershop, dort schreiben wir auch die drei obligatorischen Ansichtskarten. Die Wirtin kommt dann pünktlich und bringt uns selbstgebackene Weihnachtskekse und gedörrte Kakis.
Zum Essen wollen wir ins Gasthaus, aber im Gasthaus wollen sie unsre Mimi nicht. Also suchen wir weiter. Wir finden eine Bar, wo man uns Wurst und Käse zu lokalem Wein kredenzt.

30. Dezember ’22, von Šmartno nach Capriva

Frühstück gibt es in Šmartno nicht. Wir haben Kaffee und Tee im Raum, von den Weihnachtskeksen der Vermieterin ist noch etwas übrig, die essen wir ratzeputz auf.

Dann geht es durch den Regen abwärts. Es ist gatschig und schlüpfrig, und das bleibt dann auch so, nachdem es aufgehört hat zu regnen.
Lisi hat die ganze Nacht lang gehustet, sie ist nicht gut drauf, die Sicht eher schlecht, drum gibt es nicht viele Bilder. Nachmittags trinken wir sonst gerne Kaffee, der fällt aber aus: Die meisten Dörfer haben kein Kaffeehaus, oder es ist geschlossen. Irgendwann verlassen wir Slowenien wieder und kommen nach Italien zurück.


Langsam werden wir immer hungriger und Lisi will nun wirklich einen Kaffee. Italiener haben immer Kaffee, wir sind also froher Hoffnung, zumal mit Cromòns ein etwas größeres Städtchen am Weg liegt. Wir kommen von recht hoch oben auf Cromòns zu. Knapp bevor es abwärts geht fallen mir zwei riesige irische Wolfshunde auf, die uns betrachten. Der eine hat orange-rote Dreadlocks und sieht echt bizzarr aus.
Als wir dann endlich in Cromòns ankommen, sind wir wirklich sehr hungrig. Wir keren in eine Pizzaria ein. Die Pizza tut uns gut, die letzten acht Kilometer gehen dann recht leicht und rasch.



Diese Nacht verbringen wir in einem Apartment, das zum Castello di Spessa gehört. Ein Abendessen brauchen wir nach den üppigen Pizze nicht mehr, wir checken beim Schloss ein, gehen die paar hundert Meter zu unsrem Apartment, und finden das ganze Zimmer voller harmloser Blattwanzen. Diese Tiere fliegen recht laut herum, und stinken, wenn man sie einfangen möchte, oder wenn man sie im Fehl berührt. Es ist also eine Frage: Die Tiere, oder wir. Ich habe mehr als dreißig davon zum Fenster hinaus geworfen, aber das Gefühl, dass sie auf geheimnisvolle Art und Weise sofort wieder zurück kommen, lässt sich kaum unterdrücken.
Die Wanzen sind nicht das Einzige, das uns stört: Wir haben auch kein Internet, denn WiFi gibt es hier nicht. Satt dessen gibt es jede Menge Pflegemittel mit Casanova drauf (der war einmal dort, bis ihn der damalige Graf rausgeschmissen hat, weil er die Finger nicht von den anwesenden Frauen lassen wollte). Seltsamerweise übrigens ist da jede Menge Intimwaschlotion, aber nur ein Duschbad/Haarschampoon. Wir hätten uns, um ehrlich zu sein, deutlich mehr von dieser Unterkunft erwartet gehabt, zumal sie echt teuer war.

31. Dezember 2022, Capriva nach Monfalcone

Der letzte Tag im Jahr, die Etappe sollte uns zum Meer führen. Wir freuen uns schon auf die würzige Seeluft und die Wellen. Natürlich werden wir dort nicht schwimmen können, es ist zwar recht warm, aber halt warm für Ende Dezember.


Zuerst gibt es Frühstück im Schloss. Das Frühstück ist gut, wir essen reichlich, wer weiß, wann wir wieder was bekommen! Dann gehts los. Das Wetter ist, wir sinds nicht anders gewöhnt, trüb und neblig. Die Strecke heute geht mehr oder weniger gerade aus durch eine weite Ebene, oft auf Asphalt. Ungefähr in der Mitte treffen wir auf den Isonzo.
An der Stelle ist der Isonzo schon recht breit und er ist ein ernstzunehmendes Hindernis, zumal es nicht besonders viele Brücken gibt. Wir müssen ein ganzes Stück nach Westen ausweichen, um die Brücke bei Gradisca zu erreichen. Der Weg führt einem Deich entlang.




Hinter Gradisca geht es dann wieder nach Osten zurück, und in Verlängerung des bisherigen Weges, aber nun recht steil auf einen Hügel hinauf, den Monte San Michele. Der Monte San Michele hat im ersten Weltkrieg, bei den Schlachten am Isonzo eine besondere Bedeutung gehabt. Oben am Hügel sind einige Kanonen aufgestellt und man kann die Stellungen ansehen, die die Österreichisch-Ungarische Armee dort in den Fels gesprengt hat.
Am weiteren Weg nach Monfalcone sehen wir immer wieder die stumme Spuren dieses Krieges. Es sind die Gräben, die die Soldaten ausgehoben, oder in den Kalk gesprengt haben, um Deckung zu finden. Für Dezember ist es zwar sehr warm, aber auch feucht. Wir können und einigermaßen vorstellen, wie sich die Soldaten hier gefühlt haben müssen. Ein schrecklicher Krieg! Und all das widerholt sich gerade in der Ukraine!


Wir finden aber nicht nur Spuren eines sinnlosen Krieges, sondern auch Esel. Eine ganze Herde weidet in einem trockenen Tal. Esel sind neugierig, und Narren, die hier sinnlos spazieren gehen, sind eine willkommene Abwechslung: Sie kommen alle an die Mauer, um uns anzusehen.
Natürlich kraule ich „meine Artgenossen“ (sic) ausgiebig. Wir sind vor ein paar Jahren mit Eseln durch Rumänien gewandert, und seither mögen wir diese sanften und ruhigen Tiere sehr.

In Monfalcone checken wir ein, auch Mimi ist sehr willkommen (beinahe alle Gäste haben einen Hund). Dann suchen wir etwas zum Essen, denn im Hotel gibt es nichts für mich (nur Schwein, oder Meerestiere wie Muscheln oder Krebse). Es ist nicht ganz einfach, zumal der Teufel los ist: Jugendliche werfen Knallkörper, nur gut, dass sich Mimi davor nicht fürchtet!
Das mit dem Meer wird heute nichts, es ist durch Industrieanlagen und den Hafen von der Stadt getrennt, die Gegend dort ist wenig reizvoll, wir verschieben auf Morgen. Morgen werden wir ja ein Stück dem Meer entlang gehen, und darauf freuen wir uns.
Wir kaufen dann noch eine Flasche Spumante und Knabbereien, legen uns ins Bett und feiern Silvester. Weil wir nicht so lange wach bleiben wollen, und weil wir Sympatie für einige der dort lebenden tiere haben, richten wir uns nach der Zeit von Madagaskar. Und sind dann doch noch am Feiern, quatschen, Tanzen, als auch in Monfalcone das neue Jahr beginnt.
1. Jänner 2023, von Monfalcone nach Miramare

Das Jahr beginnt, wie das alte aufgehört hat: neblig. Von Monfalcone gehen wir auf einen Berg hinauf, und dann wieder – im Bogen – zurück an den östlchen Rand von Monfalcone zum Meer hinunter. Der erste Blick aufs Meer fällt in den Sportboothafen.

Es kommt aber sehr bald noch besser: Wir können ans Meer hinunter steigen und Steine hinein werfen. Natürlich tun wir das auch!


Zu unsrem Missfallen geht der Weg aber beinahe sofort wieder vom Meer ab. Auf der Karte hat das anders ausgesehen. Er bleibt aber immer ganz nahe an der Küste. Ab Duino-Aurisina führt er dann, spektakulär, oberhalb der Steilküste bis Baia di Sistiana. Dieser Weg ist touristisch hervorragend erschlossen, und auch am ersten Jänner gut besucht, wahrscheinlich geht es hier im Hochsommer recht eng zu.
Weil der Weg noch lang ist, und wir etwas spät dran, entschließen wir uns, nicht dem Alpe Adria Trail bis Prosecco zu folgen, sondern einem schmalen Weg weiter der Küste entlang direkt nach Miramare zu gehen. Ursprünglich hatten wir geplant, am Alpe Adria Trail zu bleiben und das Stück zwischen Sgonico und Miramare mit dem Bus fahren. Gestern aber konnten wir nicht herausfinden, ob der Bus heute (1. Jänner“) fahren würde. Wir wären dann irgendwo im Nirgendwo festgesteckt.
Die Routenänderung hat sich wirklich gelohnt! Beinahe überall gibt es spektakuläre Aussichten zum Meer hinunter. An einem sonnigen Tag muss das der absolute Wahnsinn sein. Wir können diesen Weg für trittsichere, geübte Geher nur empfehlen! (nicht im Sommer, denn Schatten gibt es dort am nachmittag so gut wie keinen, Wasser übrigens auch nicht).


Praktisch der ganze Weg bietet freie Sicht aufs Meer hinunter, das rund 250 Meter tiefer liegt. Bahn und Straße verlaufen tief unten, sie stören hier oben überhaupt nicht, man hört sie kaum. Der Weg ist teilweise nur schwer zu erkennen, loses Geröll und größere Steine verlangen ein gewisses Maß an alpiner Erfahrung. Natürlich sind wir nicht so schnell, wie geplant, aber dafür aber glücklich. Wenn jetzt noch die Sonne heraus käme! Tut sie natürlich nicht. Aber zumindest bleibt es trocken.
Am Ende kommen wir beim Dunkelwerden in Miramare an. Miamare war Kaiserin Sissis Liblingsresidenz, sie hat viel Zeit dort verbracht. Unser Hotel ist nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit, aber es hat eine Badewanne mit heißem Wasser. Und Badewannen mit heißem Wasser sind eigentlich das Beste, das einem Wanderer passieren kann!

2. Jänner ’23, von Miramare nach Lipica


Leider regnet es heute, dabei wäre Habsburgertag. Wir haben eine kurze Etappe, daher lassen wir uns beim Frühstück bewusst mehr Zeit als üblich. Und es lohnt sich, beim Start regnet es kaum noch, dafür aber ist alles in dichten Nebel gapackt. Das Schloss Miramare wollen wir aber natürlich trotzdem sehen! Also gehen wir die 500 Meter zum Schloss zurück, das ist nur ein kleiner Umweg.
Schon beim Tor sind wir mehr oder weniger nass, die Sichtweite liegt unter hundert Meter. Aber wir sind neugierig auf das Schloss, das irgendwie eine Sonderstellung unter all den Schlössern der Habsburger gehabt haben muss. Erzherzog Maximilian hat es in den 1850er Jahren erbaut, Sisi verbrachte viele Sommer dort, der Kaiser war auch da, Sisis Kinder ebenfalls.


Das Schloss ist eher klein, auch der Park ist nicht besonders groß. Die Lage aber, alleine auf einer Halbinsel am Meer, ist phantastisch. Und der Park muss wirklich toll sein, wenn er sich nicht gerade mit einem grauen Schleier umgibt.


Vom oberen Eingang des Schlosses kommt man rasch zum Bahnhof, und von dort führt ein Weg nach Prosecco hinauf. Ja, die Ortschaft heißt wirklich so. Oder eigentlich ist es so, dass der Prosecco nach der Ortschaft heißt. Der Weg dürfte so alt, wie die Bahnlinie sein, er ist mit weißem Kalkstein gepflastert, beziehungsweise führen weiße Kalkstufen die beinahe 200 Höhenmeter zum Dorf hinauf. Die Stufen waren gestern abend beim runtergehen schon glitschig, es ist auch heute kaum besser. Dazu kommt, dass die Staffeln nie mit dem Schritt übereinstimmen, wir sind heilfroh, als das endlich aufhört.
Wir denken, dass der Weg von Prosecco nach Trebicano ebenfalls so schön wäre, wie der gestern, sehen aber diesmal leider nichts davon. Ein Teil des Weges geht übrigens auf Napoleon zurück, dieser Teil ist herbvorragend ausgebaut und wäre prinzipiell auch mit Autos befahrbar (zum Glück gibt es dort aber Schranken).

Von all dem haben wir leider nur wenig, der Nebel hat uns fest eingehüllt und macht uns nass. Daher gibt es auch kaum Fotos. In einem Örtchen Namens Gropada finden wir eine kleine Bar für die Kaffeepause. Obwohl ciuso dran steht, ist geöffnet. Es ist ganz offensichtlich der Treffpunkt des Ortes, beherrscht von einer ebenso resoluten wie wortgewaltigen Kellnerin. Für mich gibts Fanta, für Lisi Kaffee (Statt Capuccino stellt die Kellnerin Lisi das, was man hier Café nennt her, und ganz viel Milch).
Bald hinter dem Örtchen kommen wir auf den Josef Ressel Weg. Josef Ressel ist uns als Erfinder der Schiffsschraube aus der Schule sattsam bekannt, wir wussten aber nicht, dass er auch großes als Forstbeamter geleistet hat: Er hat im 19. Jahrhundert die Umgebung von Triest aufgeforstet, und dafür soll ihm dieser Weg ein Denkmal sein. Er hat ihn sich verdient!

Der Wald hier ist ein eher lichter Eichen- und Pinienwald. Immer wieder sehen wir größere und kleinere Dolinen, also kreisfürmige Karsteinbrüche. Ungefähr zur Hälfte des Weges geht es dann über die Grenze nach Slowenien hinüber. Auch hier ist die Grenze, die früher ein großes Hindernis für die lokale Bevölkerung war, kaum noch zu erkennen.
Nach einer knappen Stunde erreichen wir eine große Lichtung: das Gestüt Lipica, das von Erzherzog Karl im ausgehenden 16. Jahrhundert gegründet wurde. Seither ist es die Heimat der Lipizanerpferde.
3. Jänner ’23, von Lipica nach Triest

Unser Hotel ist sehr neu und modern. Über Geschmack kann man streiten, über Komfort nicht. Hier wurde das Motto function follows form konsequent umgesetzt. Nur ein Beispiel: Unser Zimmer hat 10 schwächliche Lampen, die allesamt mit einem kleinen Schalter nahe der Fassung zu schalten sind. Einen zentralen Lichtschalter gibt es nicht. Abends muss man zu jeder einzelnen Lampe gehen und sie ausschalten, in der Früh schaltet man sie dann alle zehn wieder ein, insbesondere, wenn es draußen neblig-dunkel ist. Das Zimmer sollte wohl an einen Stall erinnern, der Preis erinnert eher an ein fünf Strene Hotel.

Heute gibt es keinen Regen, auch keinen dichten Nebel. Wir sehen, was wir gestern nicht gesehen haben: Die endlosen Weiden, die allesamt wunderschön mit weißen Zäunen eingefasst sind. Die berühmten Pferde aber sehen wir leider nicht. Vermutlich besteht die Gefahr, dass sie sich den Hals verkühlen, 12 °C dürfte zu kalt für sie sein.

Den ersten Kilometer geht man auf einer Straße durch die Weiden, dann recht steil, über einen Pfad einen Berg hinauf. Oben ist es wieder neblig, vielleicht ganz gut, denn die Lokev- Hütte gleicht einer Favela. Erst als wir vom Berg wieder hinunter kommen, wird die Sicht wieder besser.
Beim Weiler Mihele wird der Weg eigenartig: Breit, sehr flach, die Kurven sind weit, er ist ganz offensichtlich alt, aber sehr aufwändig angelegt. Schnell wird uns klar, dass es sich um eine aufgelassene Bahnlinie handelt (bis in die 1950er Jahre fuhr hier der Zug von Triest nach Pula).


Der Weg macht uns wirklich Freude. Die Orientierung ist natürlich problemlos, man kann hier beim besten Willen keine Fehler machen. Wir wandern also zügig dahin, nehmen uns aber wimmer wieder Zeit, Dinge, die uns interessieren, anzusehen und zu fotografieren. Zum Beispiel dieses Schild, das vor wilden Tieren und fallenden Steinen warnt.
Auf dem Weg sind auch andere Leute unterwegs, Jogger, Mountainbiker oder Spaziergänger, überlaufen ist er trotzdem nicht.

Der Weg hat sich, erstaunlicherweise, bis ins Zentrum erhalten. Er endet am Hafen zwischen Industriegebäuden bei einer aufgelassenen Bahnstation. So kommen wir einfach und rasch ins Stadtzentrum und müssen uns nur noch einen knappen Kilometer weit zu unsrem Apartment am Canal Grande de Trieste durch den Triester Verkehr kämpfen. Die Vermieterin unsres Zimmers, Ilaria, wird nicht da sein, aber sie hat uns per WhatsApp geschrieben, wie wir rein können.

Zum Abendessen gibt es noch einmal Pizza, ebenfalls am Kanal, dann ziehen wir uns in unser Zimmer zurück. Es ist ein hoher Raum in einer gutbürgerlichen Altbauwohnung.
4. Jänner 2023: Heimfahrt
Ein Staubsauger im Stock ober uns weckt uns gegen sieben, aber wir müssen noch nicht aus den Federn. Erst knapp vor acht stehen wir auf, vom Frühstück ist keine Spur zu sehen. Ilaria kommt in dem Moment, wo wir das Frühstück abschreiben und einen Plan B entwerfen. Spitze, es geht sich alles noch gut aus.

Wir trödeln ein bisschen, drum erwischen den Zug gerade noch. Der zuckelt gemütlich nach Udine. Für Udine hatten wir bei der Hinfahrt ja keine Zeit, jetzt aber haben wir fast zwei Stunden Aufenthalt und sehen uns Udine an.
Udine wurde ja 1976 durch ein Erdbeben stark beschädigt geworden, wir erwarten uns daher nicht viel von der Stadt. Sie überrascht uns positiv! Natürlich wurden einige der alten Häuser so stark zerstört, dass man sie (natürlich im Stile der späten 70er Jahre) neu bauen musste, aber diese Bausünden halten sich in Grenzen.




Zurück am Bahnhof gibt es noch einmal heiße Schokolade, dann ist es Zeit, auf den Bahnsteig zu gehen.

Trotz Verspätung kommen wir entspannt knapp nach 18 Uhr zuhause an.
Schön wars, aber beim nächsten Mal wollen wir wieder Sonne!
Gegangene Etappen
Von | Nach | km | hm ↑ |
---|---|---|---|
![]() | Albana (I) | 12,9 | 140 |
Albana (I) | Šmartno (SLO) | 25,3 | 910 |
Šmartno (SLO) | Capriva del Friuli (I) | 23,5 | 570 |
Capriva del Friuli (I) | Monfalcone (I) | 29,3 | 450 |
Monfalcone (I) | Miramare (I) ![]() | 32,0 | 870 |
Miramare (I) | Lipica (SLO) | 22,8 | 760 |
Lipica (SLO) | Triest (I) | 26,6 | 540 |
![]() | Baden | ||
172,4 | 4.240 |

