
Tandemtour nach Berlin
Es war eine Aktion ohne viel Vorlaufzeit: Am Mittwoch waren wir mit einer Freundin beim Heurigen, und am Heimweg ist die Idee aufgekommen, Pluto in Berlin zu besuchen. Abreise aber erst am Montag, weil wir am Sonntag noch in ein Konzert von Celtica im Badener Dobelhofpark gehen wollten. Am Donnerstag habe ich mit BRouter grob eine Route geplant, am Freitag hab ich sie noch ein bisschen überarbeitet und ein Quartier für die erste Nacht gebucht: Die Planung war abgeschlossen! Ach ja, und am Samstag haben wir an unsrem Tandem einen Ständer montieren gelassen und noch einen zweiten Ersatzschlauch erworben.
Montag, 11. August 2025, Bernhardsthal – Rájec-Jestrebí, 116 km, 604 hm, 25°C

Den Wecker auf 5:00 Uhr zu stellen ist mir zu barbarisch erschienen, daher hat er erst um 5:01 geläutet, aber Lisi war da eh schon wach. Nach einem ausgiebigen Frühstück sind wir zum Bahnhof. Um 6:33 ist der REX 1 nach Breclav gefahren, wir waren mit an Bord. Mit uns ist ein Mann gefahren, der auf den Großglockner wollte, und wie der in Wien-Meidling ausgestiegen ist, ist eine etwas seltsame Frau zugestiegen, die mit allen, außer uns, sprechen wollte. Sie ist dann Breclav weiter gefahren, wir sind in Bernhardsthal ausgestiegen.

In Bernhardsthal kommt man an der Seite an, an der es keine richtige Zufahrt gibt, und wir hatten keine Lust, unser Tandem durch die Unterführung zu tragen. Zum Glück haben wir dann im letzten Moment einen leicht zugewachsenen Weg am nördlichen Bahnsteigende gesehen, über den wir auf die Straße hinaus gekommen sind. Und schon waren wir gestartet.
Bernhardsthal haben wir gewählt, weil es die letzte Bahnstation in Österreich ist, und weil wir schon früher dorthin geradelt sind. Die Sonne hat geschienen, und nach gut 20 Minuten waren wir schon über der Grenze in Tschechien.

Kaum waren wir über der Grenze, sind wir von der Straße abgebogen und in wirklich bösen Schotter gekommen. Es waren faustgroße, eckige Steine, und es war nicht einfach zu fahren, aber landschaftlich wunderschön. Der grobe Schotter hat nach ein paar Kilometern wieder aufgehört und die Strecke hat auf Naturpisten durch weite Wälder geführt. Irgendwo im Wald ist und die Frau aus dem Zug entgegen gekommen, sie hat fröhlich gewinkt. Erst kurz vor dem Vestonická nádrž, dem riesigen Thayastausee, haben wir die Wälder verlassen und sich durch die sonnige Landschaft gefahren. Irgendwo am See haben wir auch ein Saftl getrunken.

Durch Wälder, immer wieder von ausgedehnten Feldern durchbrochen, geht es weiter Richtung Brünn. Knapp vor Brünn dann der große Schreck: Ich höre Schleifen, das Tandem schlingert seltsam, Lisi schreit „Stop!“. Mimi war bei einem Holperer aus dem Wagen gefallen, wir haben sie sicher 50 Meter weit an ihrer Leine nachgeschliffen. Zum Glück hat sie ein Brustgeschirr getragen, so ist sie nicht stranguliert und auch sonst ist ihr nur wenig passiert, ein paar kleine Abschürfungen an der Hinterpfote, aber nichts Gröberes, sie ist mit einem großen Schrecken davon gekommen, wir auch. Sie steigt sogar danach sofort wieder in den Wagen, auch die seelischen Verletzungen scheinen gering zu sein. Natürlich kürzen wir ihre Leine, damit das nicht noch einmal passieren kann!

Am Weg finden wir immer wieder kleine Stände, die Obst oder eine Jause anbieten. Brünn wäre zwar irgendwie ein logisches Ziel gewesen, aber wir wollten ein bisschen schneller vorwärts kommen, daher sind wir ins Tal der Svitava eingebogen. Anfangs sind wir auf einem wunderbaren Radweg das Tal hinauf gefahren, dann aber auf eine relativ große Straße gekommen. Dieser Straße entlang zu fahren ist wenig lustig, aber nicht so schlimm, wie wir uns das vorgestellt haben. Knapp vor Rájec-Jestrebí machen wir bei einem Supermarkt in Blasnko Halt, trinken eine Kleinigkeit und kaufen Hundefutter: Auch Mimi will satt werden, nach dem Schreck zumal.
Unser Quartier ist ganz im Zentrum, im Nachbarhaus gibt es ein gutes Restaurant, über das 12° starke tschechische Bier muss man nichts sagen, es ist weltberühmt.
Dienstag, 12. August 2025, Rájec-Jestrebí – Ústí nad Orlicí, 83 km, 548 hm, 30°C

Frühstück gibt’s am Zimmer, die Wirtin und ihr Mann bringen, was wir brauchen. Deutlich früher als gestern geht es weiter. Wir verfahren uns gleich am Ortsausgang, aber das ist nicht schlimm, die Stimmung ist gut. Bald geht es einem Bahndamm entlang, da passiert es: Ein Reifenplatzer knapp hinter Zbonek nach kaum einer Stunde. Im Gegensatz zum Platzer im Friaul klappt das Reifenwechseln heute problemlos, und das, obwohl ich die Reifenheber zu Hause vergessen habe. Sicherheitshalber pumpe ich ordentlich Luft in den Reifen, mehr, als erlaubt ist. Das Malheur ändert nichts an der guten Stimmung, mir macht aber Sorge, dass wir jetzt nur noch einen Ersatzschlauch haben. Bei nächster Gelegenheit werden wir einen Schlauch nachkaufen müssen. Es geht durch Felder, Hecken entlang, immer wieder spenden kleine Wäldchen willkommenen Schatten.

Pause mit Saft gibt es in Brezová nad Svitavou in einer kleinen Konditorei am Dorfplatz. Wir müssen ein bisschen warten, bis ein Platz für uns frei wird. Leute fragen, ob wir aus Mexiko sind (unserer Dressen wegen) und interessieren sich für Tandem und Hund. Die Etappe ist großteils flach, aber es geht beständig ganz leicht hinauf, der höchste Punkt liegt 200 Meter höher als der Startpunkt. So fühlen wir uns nicht wirklich schnell, zumal wir auch noch Gegenwind haben.

Erst das letzte Stück führt dann wieder abwärts und wir fliegen nur so dahin. Das heißt, das Allerletzte in Ústí nad Orlicí nicht, denn da geht es noch einmal 30 Meter zum Hotel hinauf, und zwar über Kopfsteinpflaster so steil, dass wir den Anhänger samt Mimi kaum hinauf zerren können. Mimi ist unzufrieden mit der Geschwindigkeit und jammert, was uns auch nicht gerade motiviert.
Das Hotel Poprad, diesmal ist es ein regelrechtes Hotel, ist ein ’prächtiger’ 80er Jahre Betonbau, Hotel, Kultur- und Veranstaltungszentrum, Park, alles in Einem. Unser Zimmer ist aber ganz in Ordnung.
Bevor wir zum Abendessen gehen, müssen wir noch einen Schlauch kaufen. Bei Sport Bart finden wir eine ausgesprochen nette Verkäuferin, die uns freundlich und sogar auf deutsch weiterhilft, Lisi kauft auch noch Radhandschuhe, denn ihre sind so gut wie ungepolstert. Zum Abendessen gehen wir in einem kleines Restaurant etwas außerhalb des Zentrums.
Mittwoch, 13. August, Ústí nad Orlicí – Jicín, 116 km, 611 hm, 29 °C

Wieder ein »frühes« Frühstück, dann sind wir zügig losgeradelt, heute sollten es wieder etwas mehr Kilometer werden. Über die Hälfte geht es bergab, dann wieder ein kleines Stück hinauf. Tatsächlich fliegen wir die ersten Kilometer nur so dahin, durch ein langes Tal, immer der Eisenbahn entlang, auf gut ausgebauten Radwegen. Es geht leicht und mühelos. Erst ein Gravelstück bremst uns nach knapp 25 km ein. Wie schon die letzten Tage lassen wir Mimi im Wald neben uns herlaufen, und das klappt hervorragend. Sie läuft immer neben mir und versucht nicht, uns zu stellen, dabei wirkt sie entspannt und fröhlich. Wenn sie hinten im Wagen sitzt ist sie euphorisch, solange wir schnell fahren, und nörgelt, wenn wir uns bergauf plagen, was uns dann wieder erbost.
Vor Hradec Králové gibt es viel kühlen Wald, in Belec nad Orlicí sehen wir einen riesigen Hof mit einladender Gastwirtschaft, gute 50 km sind wir schon geradelt, es gibt Mittagessen. Ab Hradec Králové wird es heiß, die Temperaturen steigen über 32 °C hinaus. Dazu kommt noch, dass es nicht mehr so flach ist, sondern wellig wird, wir können nicht mehr so locker dahin radeln. Die Luft dörrt uns aus, wir suchen ein Gasthaus. In Lodín werden wir endlich fündig und machen noch einmal Halt.

Jicín gefällt uns sehr gut. Wie überall in Tschechien waren ab 17 Uhr alle Geschäften mit Ausnahme der großen Supermärkte geschlossen. Wir brauchen Futter für Mimi, am Weg zum Supermarkt lernen wir Jicín ein bisschen kennen. Es ist ein kleines Örtchen mit einem schönen historischen Stadtkern. Unser Hotel, das Hotel U Valdické brány, hatte besonders gute Kritiken, und so war es auch: Ein etwas älteres, kleines Haus, das Zimmer war ausgesprochen komfortabel (und groß, man hat uns ein Upgrade auf eine Suite gegeben), das Essen war ein Gedicht. Falls jemand dort durch kommt: Das hotel ist gut, das Restaurant sensationell!



Donnerstag, 14. August, Jicín – Hörnitz bei Zittau, 95 km, 900 hm, 30 °C

Heute sollte der schwerste Teil kommen, die Fahrt über das Jeschken- und Isergebirge bei Liberec.
Und so fängt es gleich an: Schon nach drei Kilometern kommt der erste Anstieg. Mimi ist unzufrieden mit unsrer Geschwindigkeit, es wird immer steiler, ein längeres Stück ist deutlich über 10 %, ein kleines Stück müssen wir schieben. Nach diesem Schreck geht es wellig weiter.

Der nächste Schreck kommt dann kurz später: Bei Kotová sollten wir abbiegen und durch den Wald fahren, aber der Weg ist unpassierbar. Ein paar Kilometer weiter erleben wir das selbe noch einmal, wir haben unsren ersten Umfall (also, wir werden so langsam, dass wir am Ende umkippen, und weil wir nicht rasch genug aus den Cleats kommen, landen wir in den Brennnesseln).

Bisher waren wir mit der Wegplanung sehr zufrieden, nun aber artet es zur Katastrophe aus. Wir planen um. Bis Liberec werden wir auf Straßen fahren, ich route für Rennrad mit hoher Geschwindigkeit.
Bis Turnov überwiegen die Abfahrten, wir sind relativ schnell. Die Straße wird aber immer breiter, der Verkehr nimmt zu. Es wird so laut, dass wir uns nicht mehr unterhalten können und bei Turnov so richtig unangenehm. Außerdem geraten wir hier auch noch auf die autobahnartig ausgebaute Schnellstraße nach Liberec. Natürlich ist Radfahren dort nicht nur verboten, sondern auch noch ausgesprochen gefährlich. Irgendwo, wo es uns möglich erscheint, schlagen wir uns durch die Büsche, nur runter von der Autobahn!

Wir genießen die ruhigeren Straßen, die jetzt kommen, allerdings geht es dann in zwei Wellen, parallel zur Autobahn, 250 Meter hinauf nach Jermanice. Doch zu erst ist alles noch einfach, die Steigung ist zu bewältigen, zwischen uns und der Autobahn fließt ein Bach, in dem wir uns erfrischen (es hat schon längst 30 °C überschritten), aber dann wird es nicht nur steil, es kommen auch noch kurze Rampen, die so steil sind, dass wir sie fast nicht bewältigen können. Die Stimmung leidet dadurch ein wenig und dafür kann auch Mimi so einiges, sie nörgelt die ganze Zeit, denn sie liebt Geschwindigkeit und meint, wir könnten leicht schneller fahren. Bei einem kleinen Markt, ein paar hundert Meter vor der Kuppe, müssen wir dann stoppen, wir sind durstig und vollkommen ausgelaugt. Der einzige schattige Platz ist unmittelbar neben den stinkenden Müllkübeln, nicht angenehm, aber im Schatten halten sich die Temperaturen noch im einigermaßen akzeptablen Rahmen. Von der Kuppe an geht es steil nach Liberec hinunter, stellenweise fahren wir 60 km/h, Mimi ist mit der Welt wieder zufrieden.

Liberec ist, wie alle Städte, eine Plage, heiß ist es dazu auch noch, wir messen 36 °C und es dauert länger, bis wir endlich auch die Vororte hinter uns gelassen haben. Wieder geht es auf- und ab, aber doch mehr ab als auf, wir erholen uns und genießen den Tag. In Chrastava machen wir am Stadtplatz halt, nach fast 75 km müssen wir dringend etwas essen und vor allem auch trinken. Das Restaurant ist ein Ärgernis, denn die Bedienung funktioniert nur sehr schleppend. Durstig wie wir sind, fällt und das Warten extrem schwer, aber am Ende erbarmt sich die Kellnerin doch.
Und dann kommen wir, knapp hinter Hrádek nad Nisou, zur Grenze! Also Deutschland! Doch die Schilder wirken absolut nicht deutsch, eineinhalb Kilometer später sind wir wieder an einer Grenze: Wir waren kurz in Polen, erst jetzt sind wir endlich in Deutschland angekommen. Zittau ist wieder eine Plage, zumal ich viel zu spät an die Mandau gefahren bin (die hat einen netten Uferradweg, der allerdings aufgrund der ständigen Straßenkreuzungen auch etwas mühsam ist). Und dann kommen wir nach Hörnitz, unser Hotel ist das dortige Schloss Althörnitz. Es muss wohl unmittelbar nach der Wende in ein Luxushotel umgebaut geworden sein, es entspricht nicht mehr ganz den heutigen Ansprüchen, vielleicht konnten wir es uns deshalb leisten. Das Personal aber war ausgesprochen freundlich und zuvorkommend.
Freitag, 15. August, Hörnitz nach Spremberg, 109 km, 639 hm, 31 °C

Mimi durfte nicht im Frühstücksraum sein, daher sind wir auf der Terrasse gesessen. Es war etwas zu kühl, aber das Frühstück war in Ordnung. Sehr störend waren die langen Wege, Butter, Marmelade (Konfitüre) und Saft waren jeweils in einem anderen Raum, denn das Buffet war durch das gesamte Restaurant verstreut.

Die ersten 17 km dieser Etappe sollten leicht aufwärts gehen, dann nur noch eben aus bis abwärts. Wir folgen wieder der ursprünglich geplanten Route, und sie erweist sich als günstig. Wir sehen kaum große Straßen und die Schotterstücke sind passabel fahrbar. Bei Weißenberg machen wir bei einem Supermarkt Pause, wir müssen die Steuerung für unsre Blinker/Rücklichter aufladen, denn solange die keinen Strom hat, wir können nicht mehr blinken. Es ist mittlerweile 30 C warm und erst 11 Uhr. Weil unsre Flaschen noch beinahe voll sind verzichten wir darauf, sie nachzufüllen. Ein Fehler, wie wir bald bemerken werden.

Die Landschaft ist abwechslungsreich. Bei mittlerweile 33 °C radeln wir durch Sachsen, und es wird immer noch wärmer. Bei einem Ochsenteich wollen wir Halt machen und ein bisschen ins Wasser springen, um uns abzukühlen, aber das Ufer sieht alles andere als einladend aus. Sitzen kann man auch nirgendwo, wir beschließen also, weiter zu fahren und ein Gasthaus anzusteuern.

Aber wir finden keines, auch keine Kneipe oder einen Supermarkt, einfach nichts. Und langsam gehen meine beiden Wasserflaschen zu Ende, Lisi hat auch nicht mehr viel. Natürlich kommen wir hin und wieder durch Orte, aber die Orte wirken verlassen und trostlos. Wo früher Läden, Kneipen oder Gasthäuser waren, hängen heute allenfalls noch Plakate auf den dreckigen Scheiben, zumeist nicht einmal das.
Wir fahren durch einen riesigen Wald. Schilder warnen vor Lebensgefahr, falls man den Weg verlässt, ich tippe auf einen ehemaligen Militärstützpunkt. Und es wird wärmer. Im Wald hat es 37 °C, ich möchte nicht wissen, wie heiß es draußen ist.

Sachsen ist auf Sand gebaut, und sandig sind daher auch die Wege, auf denen wir fahren. Es ist schwierig, mit einem so schweren Fahrrad durch den losen, trockenen Sand zu fahren. Immer wieder verfängt sich das Vorderrad im tiefen Boden und rutscht ab. Zweimal fallen dabei um. Beim zweiten Mal donnert der Sattel auf Lisis Po, das gibt einen dicken blauen Fleck! Danach schieben wir, solange und der Sand so unfahrbar, so bodenlos erscheint.
Am Ende des Waldes gibt es immer noch keine Kneipe, wir fahren durch einen kleinen Ort, Lohsa, aber auch dort gibt es nichts für uns. Einzig die Kartbahn sieht nach Gasthaus aus, ein Irrtum. Drei Kilometer fahren wir dem Scheibesee entlang, dann dem Bernsteinsee, aber fündig werden wir nicht. Ich bin mittlerweile so dehydriert, dass mir schwindlig wird, aber ich muss durchbeißen. Wie weiß ich nicht mehr, aber am Ende landen wir in Spremberg, unsrem Ziel für diesen Tag.
Unser Hotel ist nett, leider bietet die Karte nichts, das uns zusagt, daher gehen wir durch das Zentrum, es liegt auf einer Insel in der Spree zum östlichen Stadtrand, zu einem griechischen Restaurant. Neben uns sitzen Leute, die sich sehr lautstark über die Misere hier äußern. Wir bekommen alle Werbesprüche der AFD serviert, das Essen schmeckt uns trotzdem. Am Ende sind die Herren so besoffen, dass einer zu Fall kommt.

Samstag, 16. August, Spremberg – Dahlewitz, 104 km, 300 hm, 23 °C

Beim Frühstück bemerke ich, dass ich beim Buchen des Hotels einen großen Fehler begangen habe: Wir haben gestern Abend lange kein Hotel gefunden und dann eines genommen, das in der Nähe des neuen Flughabens BER ist. Irgendwie habe ich mich mit den Kilometern vertan, die Etappe ist weit, sehr weit! 166 km ist der Track lang, und das werden wir kaum fahren können. Wir beschließen also, nur bis Lübbenau i. Spreewald zu fahren, und dann ein Stück weit den Zug verwenden. 80-90 km sollten es insgesamt werden.
Ich habe mich noch nicht vollständig von gestern erholt und bin nicht wirklich leistungsfähig, auch Lisi ist nicht wirklich fit. Zum Glück hat das Wetter umgeschlagen, es bleibt eher kühl, unser Wasserverbrauch hält sich sehr in Grenzen. Erst fahren wir der Spree entlang, dann halten wir uns westlich davon. Cotbus erweist sich als mühsames Hindernis, der Radweg kreuzt ständig die großen Straßen, wir kommen kaum zum Fahren. Wir sind erst wieder froh, nachdem wir die Stadt hinter uns gelassen haben.



Bei Burg kommen wir wieder in den Spreewald. Bei einem Nettomarkt bleiben wir stehen, trinken ein bisschen und rasten uns aus. Dann geht es, der Hauptspree entlang, nach Lübbenau. Die Gegend hier ist sehr touristisch. Überall gibt es Kanäle, auf denen kleine Boote fahren, es gibt Schleusen, vor denen Scharen von Kajaks warten, einen Meter tiefer gesetzt zu werden und Schleusenwärter, die ihrer Aufgabe mit großem Ernst nachkommen. Das Szenario finden wir lustig und unterhaltsam, trotzdem sind wir froh, nach knapp 60 km am Lübbenauer Bahnhof anzukommen. Von hier aus wollen wir mit dem Zug nach Königs Wusterhausen fahren und dann noch letzten 30 km zum Hotel radeln.
Der Zug fährt schnell, wir kommen bei den Tropical Islands vorbei, einem Wasserpark, der in der weltgrößten freitragenden Halle untergebracht ist. Leider sehen wir die Halle vom Zug aus nicht gut.
Die letzten paar Kilometer nehmen wir frohen Mutes in Angriff. Ich bin angeschlagen, auch Lisi ist nicht toll in Form, aber das schaffen wir locker. Wir folgen dem Track, den ich in der Früh noch schnell gemacht habe, es ist ja nicht mehr weit, und landen irgendwo im Nirgendwo. Von einem Hotel nicht die kleinste Spur. Ich muss wohl die Lage des Hotels irgendwie falsch ins Komoot übertragen haben. Sehr falsch, wie wir bald sehen, denn das Stück, das wir zurückfahren müssen, ist groß. Aus den geplanten gut 30 km werden so 44. Ich bin sehr mutlos, aber irgendwie geht auch das zu Ende.
Das Hotel ist ein typisches Flughafenhotel, groß und stark auf Tagesgäste ausgerichtet. Das Personal ist aber freundlich, mehrere Kellner bemühen sich im riesigen, aber weitgehend leeren Speisesaal um uns.
Sonntag, 17. August. Dahlewitz bach Berlin Charlottenburg, 27 km, 90 hm, 16 °C

Für elf Uhr haben wir mit meinem Freund und entfernt verwandten Ludwig Norz, genannt Pluto, bei seiner Galerie, dem Fantom in Charlottenburg ausgemacht. Weil und das Frühstück im Hotel zu teuer ist, trinken wir nur eine heiße Schokolade und einen Kaffee.

Erst geht es durch Felder, dann einem Radweg neben einer Autobahn schnell dahin, aber bald sind wir in der Stadt, die noch morgendlich ruhig daliegt. Der Verkehr hält sich in Grenzen und nimmt nur langsam zu. Wir meiden Radwege und halten uns auf den weitgehend leeren Straßen, oft auf Busspuren. Und tatsächlich sind wir ziemlich pünktlich in der Hektorstraße. Pluto ist auch schon da und macht ein Foto vor der Galerie ein Foto von uns.

Irgendwie fühlt es sich gut an, dieses Abenteuer überstanden zu haben, aber ein bisschen Wehmut bleibt auch. Wehmut, für die wir kaum Zeit haben, denn wir gehen zusammen Essen, dann treffen wir uns mit Gerelee, meiner Dolmetscherin aus der Mongolei zum Essen, es wird ein turbulenter Tag. Wir kommen erst spät ins Bett. Die nächsten Tage sind ausgefüllt mit Spaziergänge, wir treffen Freunde und genießen Berlin.
Donnerstag, 21. August, Berlin Charlottenburg – Baden
Wir haben Zugkarten für den ICE um 6:28 vom Hauptbahnhof nach Nürnberg, und dann einen Anschluss nach Wien: Wir werden gegen 13 Uhr zu Hause sein!
Wir sind pünktlich dort, der ICE nicht, er kommt, wegen verspäteter Bereitstellung des Zuges (also, weil irgendjemand lieber was anderes getan hat), 10 Minuten verspätet. Außer uns gibt es noch ein weiteres Tandem. Um das Tandem korrekt verstauen zu können montieren wir das Vorderrad ab und verstauen unser Rad im Radabteil. Wir sichern es, damit es nicht aus dem Haken fallen kann und gehen zu unsrem Sitzplatz.
Kurz vor Leipzig kommt die Schaffnerin und fragt, ob das Tandem uns gehört. In ICEs, erklärt sie uns, sind Tandems verboten. Um ja nichts falsch zu machen, habe ich im Vorfeld bei der deutschen Bahn angerufen, wenn man die Zeit in der Warteschleife und die Verbindungsabbrüche zusammen zählt war es über eine halbe Stunde. Und die Karte habe ich exakt so gekauft, wie man mir erklärt hat, dass ich sie kaufen muss. Das ist jetzt aber nicht mehr relevant: Wir müssen in Leipzig den Zug verlassen.
Was nun kommt ist nur schwer zu verstehen und erweitert unser Wissen über deutsche Geographie gewaltig: Mit Bummelzügen, die sich immer wieder so verspäten, dass wir den nächsten Anschluss nicht mehr erwischen, geht es über Gera, Saalfeld, Lichtenfels, Triebgast, Nürnberg, Platting, Passau, Wels. Von dort soll es mit dem Railjet nach Wien weiter gehen. Tandems sind im Railjet eigentlich auch nicht so wirklich erlaubt, aber der Schaffner ist pragmatisch: Das Tandem ist gut verstaut, es stört niemanden, also darf es bleiben. Und zum Schluss bringt uns noch der REX nach Baden. Es ist bereits 23 Uhr, wir sind hundemüde und fallen ins Bett.
